Tückische Friedenssuche

Die Verhandlungen zwischen Vertretern der philippinischen Regierung und der Moro Islamischen Befreiungsfront befinden sich nunmehr im vierzehnten Jahr

Von Rainer Werning

Ende April trafen sich unter der Schirmherrschaft Malaysias die Unterhändler Manilas und der Moro Islamischen Befreiungsfront (MILF) zu einer erneuten Verhandlungsrunde in Kuala Lumpur. Das alles überragende Thema bleibt eine dauerhafte Friedenslösung für die Südphilippinen, wo bewaffnete Konflikte seit Ende der 1960er Jahre annähernd 150.000 Menschen das Leben kosteten und Hunderttausende zu Flüchtlingen werden ließen. Vor allem Jolo war damals das Epizentrum eines Bürgerkriegs, wo sich Angehörige des muslimischen Widerstandes (seinerzeit der Moro Nationalen Befreiungsfront, MNLF) heftige Gefechte mit den Regierungstruppen lieferten.

Gleichzeitig ist Jolo zusammen mit den vorgelagerten Inseln Basilan und Mindanao die landesweit höchstmilitarisierte Region. Regierungspräsenz zeigt sich hier in erster Linie in Gestalt von Militär- und Polizeieinheiten. Bildung und Ausbildung, medizinische Fürsorge, Jobs und eine gesicherte Zukunft – das kann sich nur leisten, wer über Geld und Zugang zu den Politgrößen verfügt. Woran es am meisten mangelt, ist ein bereits in den Grundschulen verankerter Lehrplan, wodurch Menschen von Kindesbeinen an in einer Kultur des Friedens aufwachsen.

 

Kernproblem des Konflikts ist Land: Die heute bedeutsamste Widerstandsorganisation der muslimischen Bevölkerung, die MILF, avisiert die Selbstverwaltung eines von ihr bestimmten Territoriums. Zwar war bis Anfang August 2008 ein von beiden Seiten unterschriftsreifes Abkommen, das Memorandum of Agreement on Ancestral Domain (MoA-AD), ausgehandelt worden. Doch im letzten Moment stoppte der Oberste Gerichtshof die Vereinbarung und entscheid später, das MoA-AD sei unvereinbar mit der Verfassung des Landes. Die Konsequenzen waren verheerend. Die MILF-Führung fühlte sich hintergangen, während einige ihrer Regionalkommandeure aus Enttäuschung über sich quälend lange hinschleppende, letztlich erfolglose Verhandlungen die offene Feldschlacht mit den Regierungstruppen suchten. Hunderte verloren seitdem ihr Leben und zur Jahreswende 2008/09 waren über 600.000 Menschen als Flüchtlinge registriert.

 

Einer der MILF-Regionalbefehlshaber, Ustadz Ameril Umbra Kato, attackierte öffentlich die MILF-Führung unter ihrem Vorsitzenden Murad Ebrahim. Von Kapitulation, Verrat und Ausverkauf der Moro-Interessen war die Rede. Ein Vorwurf, der vor allem in der jüngeren Generation von MILF-Anhängern verfängt. Kato wandte sich schließlich im Sommer 2010 von der MILF ab, um später die Formierung einer eigenen Guerillatruppe, der Bangsamoro Islamic Freedom Fighters (BIFF), zu verkünden. Für den MILF-Chefunterhändler bei den Friedensverhandlungen, Mohagher Iqbal, ein leidiges Thema, zu dem er lediglich anmerkte: „Wir kümmern uns um eine Klärung. Kato wird den Friedensprozess nicht stören.“

 

Als störend wurde seitens der Regierung in Manila überdies die langjährige Vermittlerrolle des malaysischen Diplomaten Datuk Othman bin Abdul Razak empfunden. Ihn bezichtigte Marvic Leonen, Chefunterhändler der philippinischen Regierung, sich in den vergangenen Monaten wiederholt im Sinne der MILF parteiisch verhalten zu haben. Für die MILF zweifellos eine gewisse Schlappe, dass die gerade zu Ende gegangene 21. Verhandlungsrunde vom neuen malaysischen Emissär Tenkgu Dato AB Ghafar Tengku Mohamed eröffnet und geleitet wurde. (1. Mai 2011)