Junge Welt – Rainer Werning – Aufbruchstimmung in Davao

20.05.2016 / Ausland / Seite 6

Philippinen: Künftiger Präsident Duterte bietet der radikalen Linken eine Regierungsbeteiligung an

Von Rainer Werning

Im Wahlkampf gerierte sich Rodrigo R. Duterte, den seine Fangemeinde auf den Philippinen kurz »Rody« oder »Digong« nennt, als knallharter Law-and-Order-Mann. Am 9. Mai gewann er die Präsidentschaftswahl mit großem Vorsprung vor dem von Präsident Benigno S. Aquino III. protegierten Kandidaten Manuel Roxas II. Nach der letzten vorläufigen Stimmenauszählung konnte Duterte annähernd 16 Millionen Stimmen der insgesamt 55 Millionen Wahlberechtigten für sich verbuchen, während Roxas trotz massiven Einsatzes staatlicher Apparate gerade mal auf 9,7 Millionen Stimmen kam. Der Sieg Dutertes mit 38,6 Prozent aller Stimmen ist umso beachtlicher, da die Wahlbeteiligung laut Aussagen der staatlichen Wahlkommission Comelec mit gut 81 Prozent außergewöhnlich hoch war.

Im Duterte-Lager mischte sich Euphorie mit unverzüglichem Tatendrang. Das südphilippinische Davao City, dessen Bürgermeister Duterte noch ist, gleicht inzwischen einem politischen Wallfahrtsort für alles, was in der Politik und im Showbusiness des Inselstaates Rang und Namen hat. Es geht um Macht und Pfründe, die man sich von der am 30. Juni beginnenden Amtszeit »Digongs« verspricht.

Noch hat Duterte seine Kabinettsliste nicht komplettiert. Insgesamt vier Ressorts hat er jedoch bereits der radikalen Linken in Gestalt der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP) und des Untergrundbündnisses Nationale Demokratische Front (NDFP) offeriert. Dieses Angebot koppelte er mit der Einladung an den CPP-Gründungsvorsitzenden und politischen Chefberater der NDFP, den im niederländischen Exil lebenden José Maria Sison, in die Heimat zurückzukehren und an der Gestaltung einer Regierung der nationalen Einheit mitzuwirken.

Im Wahlkampf hatte Duterte versprochen, Sison, der in den 1960er Jahren zu seinen Lehrern am Lyceum of the Philippines University zählte, noch vor seinem Amtsantritt im Rahmen eines Europabesuchs persönlich zu treffen. Solche Gesten stoßen bei seinen politischen Gegnern auf Entsetzen und strikte Ablehnung. Dagegen begrüßen Menschenrechtsvereinigungen und Kirchenleute Dutertes Avancen und hoffen auf die Freilassung der landesweit über 500 politischen Gefangenen. Unter diesen befinden sich auch 18 akkreditierte Berater der NDFP. Deren Inhaftierung war mitverantwortlich dafür, dass die Friedensverhandlungen zwischen der Aquino-Regierung und der NDFP seit 2013 stocken.

Zwischenzeitlich verkündete Carlos Dominguez, ein enger Vertrauter Dutertes und Anwärter auf den Posten des Finanzministers, die von der neuen Regierung geplante Acht-Punkte-Agenda. Demnach sollen während der Amtszeit Dutertes unter anderem ein effektiveres und gerechteres Steuersystem, die Inangriffnahme dringender Infrastrukturmaßnahmen, eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit philippinischer Unternehmen sowie verstärkte Anreize für ausländische Investitionen und die Unterstützung von Kleinbauern im Vordergrund stehen.

 

Den Artikel finden Sie unter: http://www.jungewelt.de/2016/05-20/025.php

(c) Junge Welt 2016

http://www.jungewelt.de