Junge Welt – Rainer Werning – Auf dem Friedenspfad

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Tageszeitung junge Welt / Berlin

Gegründet 1947 * Ausgabe vom 30.01.2017 * Seite 7 / Ausland

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Philippinische Regierung und Linksbündnis NDFP gehen nach jahrelangem Konflikt aufeinander zu

 Von Rainer Werning

 Hand drauf: José Maria Sison vom Linksbündnis NDFP (links) und die philippinischen Regierungsvertreter (rechts) haben sich in Rom weiter angenähert (19.1.2017)

Foto: Andrew Medichini/AP Photo

 

Eine optimistische Grundstimmung und ein intensives Arbeitspensum

bestimmten die vergangene Woche beendete dritte offizielle

Verhandlungsrunde zwischen Vertretern der philippinischen Regierung und

Vertretern des im politischen Untergrund operierenden Linksbündnisses

der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen (NDFP). Beide Seiten

hatten sich darauf verständigt, die seit Sommer vergangenen Jahres wieder aufgenommenen Friedensverhandlungen dieses Mal mit Hilfe der italienischen Regierung vom 19. bis zum 25. Januar in Rom abzuhalten. Als eigentlicher Mediator fungiert seit dem Jahre 2001 das norwegische Außenministerium, das bisherige Treffen zwischen den beiden Seiten, die sich seit Ende der 1960er Jahre befehden, unter seiner Schirmherrschaft in Oslo ausgerichtet hatte.

 

Eröffnet wurde die neuerliche Gesprächsrunde vom norwegischen Botschafter in Manila, Erik Førner, und Elisabeth Slåttum, die seit 2014 als Norwegens Sonderbotschafterin für den philippinischen Friedensprozess fungiert. Die Verhandlungsführer der philippinischen Regierung, Jesus G. Dureza und Silvestre H. Bello III., sowie der diesmal ebenfalls anwesende Außenminister Perfecto Yasay jr. äußerten die Hoffnung, endlich einen von den weltweit am längsten währenden bewaffneten Konflikten zu beenden. Im Kabinett des seit Ende Juni amtierenden philippinischen Präsidenten Rodrigo R. Duterte fungiert Dureza als dessen Berater für den Friedensprozess, während Bello als

Verhandlungsleiter der philippinischen Delegation gleichzeitig Arbeitsminister ist.

 

Die beiden NDFP-Vertreter, José Maria Sison als deren politischer Chefberater und Delegationsleiter Fidel V. Agcaoili, äußerten in ihren jeweiligen Eröffnungsstatements die Hoffnung, dass binnen eines halben Jahres das Kernstück der Verhandlungen, ein »umfassendes Abkommen über

sozioökonomische Reformen« (CASER), unterschriftsreif sein könnte.

Danach gelte es, eine Vereinbarung »über politische und verfassungsmäßige Reformen« (CAPCR) unter Dach und Fach zu bringen. Einen genauen Zeitraum vermochten Agcaoili und Sison nicht zu nennen, weil die Regierung unter Präsident Duterte erwägt, das bestehende präsidiale politische System in ein föderales zu verwandeln. Sobald dieser Übergangsprozess abgeschlossen ist und die skizzierten Abkommen in ein verbindliches Vertragswerk überführt sind, könnte bis 2020/2021 das abschließende »umfassende Abkommen über das Ende der Feindseligkeiten und die Demobilisierung der Streitkräfte« in Kraft treten.

 

Beide Parteien verpflichteten sich in Rom, künftig strikt die bereits bis 1998 erzielten wegweisenden Vereinbarungen, das gemeinsame »Abkommen

über Sicherheits- und Immunitätsgarantien« (JASIG) sowie das »umfassende

Abkommen zur Wahrung der Menschenrechte und des Internationalen

Humanitären Rechts« (CARHRIHL), einzuhalten. Über diese Verträge hatte

es in der Vergangenheit immer wieder bitteren Streit gegeben. Das CARHRIHL sah beispielsweise die Schaffung eines gemeinsamen

Monitoringkomitees (JMC) vor, das Rechtsverstöße beider Seiten prüfen

sollte. Doch das JMC war nur bedingt arbeitsfähig, weil die USA und die

Europäische Union auf Drängen der bis 2010 amtierenden philippinischen

Präsidentin, Gloria Macapagal-Arroyo, die Kommunistische Partei der

Philippinen und deren Guerillaorganisation in Gestalt der Neuen Volksarmee, beide Mitgliedsorganisationen der NDFP, sowie NDFP-Vertreter José Maria Sison als »terroristisch« einstuften. Während der Präsidentschaft von Benigno S. Aquino III. bis 2016 landeten gleich mehrere eigentlich durch das JASIG geschützte NDFP-Berater hinter Gittern und wurden mit Hilfe fabrizierter Anklagen kriminalisiert.

 

Aus Rom erging denn auch das Signal an Washington, Sison von der »Liste

internationaler Terroristen und terroristischer Organisationen« zu streichen. Die nächste Verhandlungsrunde ist für Anfang April in Oslo geplant. #