Die Philippinen während der Corona-Krise – Teil 12

(Informations- und Bildquelle: Bulatlat, Woche vom 11.8.20-20.8.20)

Ermordung von AktivistInnen führt zu Solidaritätsbekundungen internationaler Menschenrechtsorganisationen

Am 11. August 2020 führten Mitglieder fortschrittlicher Organisationen vor der Kommission für Menschenrechte eine Protestaktion durch, um ihrer tiefen Empörung über die Ermordung Randall Echanis Ausdruck zu verleihen.

Derweil werden die Maßnahmen der philippinischen Regierung zur Verschleierung der Tat immer dubioser:

So wurden der Rechtsanwaltsgehilfe Paolo Colabres und der Rechtsanwalt Luz Perez festgenommen. Colabres wurde inhaftiert, Perez entkam laut Polizeiangaben. Nach Angaben der Generalsekretärin der NUPL Manila waren die beiden zu Unrecht festgenommen worden. Die Witwe von Echanis hatte Colabres und Perez bevollmächtigt, sich nach der eindeutigen Identifizierung des Leichnams weiter um dessen Freigabe zu kümmern.

Am 14. August behauptete der Präsidentenpalast schließlich, Randall Echanis wäre durch die revolutionäre Bewegung ermordet worden. Demgegenüber betonen fortschrittliche Organisationen, dass staatliche Sicherheitskräfte, die im Auftrag von Duterte handelten, die Urheber sind.

Laut Angaben von KARAPATAN wurden innerhalb der Woche vom 3. bis 10.8. sechs Menschen getötet. Von Juli 2016 bis April 2020 hat KARAPATAN 308 Fälle von außergerichtlichen Hinrichtungen außerhalb des „Krieges gegen Drogen“ dokumentiert.

Nachdem am 17. August 2020 die frühere politische Gefangene Zara Alvarez (39) in dem Dorf Eroreco in der Stadt Bacolod erschossen wurde, haben sich Menschenrechtsorganisationen am 19. August 2020 an den Menschenrechtsrat der UN gewandt, an die Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet.

Peter Murphy, Vorsitzender der Internationalen Kommission für Menschenrechte in den Philippinen (ICHRP) appelliert an die philippinische Regierung, den Krieg gegen die politische Opposition aufzugeben, stattdessen alle politischen Gefangenen freizulassen und die ausgesetzten Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen, sowie die Täter vor Gericht zu stellen.

Verschiedenen internationale Menschenrechtsorganisationen erklärten sich solidarischmit philippinischen MenschenrechtlerInnen. Sie forderten ein Ende der „kaltblütigen Morde“ von AktivistInnen in den Philippinen und bezogen sich dabei auf Zara Alvarez und Randall Echanis.

Die philippinische Sektion von Amnesty International forderte, dass der Mord an Echanis durch Autoritäten untersucht und diejenigen, die dafür verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden müssen.

 

Zur Situation von MenschenrechtsverteidigerInnen twitterte die UN-Sonderberichterstatterin Mary Lawlor: „Es ist furchtbar zu hören, dass die Menschenrechtsverteidigerin Zara Alvarez letzte Nacht erschossen worden ist.“ Sie sei Jahre lang verleumdet, antikommunistisch gebrandmarkt und bedroht worden.

Die Organisation zur Beobachtung für den Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen erklärte ihre scharfe Verurteilung der Ermordung von Alvarez. Sie forderte die Regierung auf, eine sofortige, umfassende und transparente Untersuchung durchzuführen, alle Verantwortlichen zu identifizieren, sie vor ein unabhängiges Gericht zu bringen und sie entsprechend dem Gesetz zu bestrafen. Der stellvertretende Direktor von Human Rights Watch für die Sektion Asien, Phil Robertson, sagte, dass die Ermordung von Alvarez und Echanis klar die weitverbreitete Straflosigkeit bei der Tötung von linken AktivistInnen in den Philippinen unterstreiche.

Zahlreiche weitere internationale Menschenrechtsgruppen unterstrichen ebenfalls ihre Solidarität mit der Menschenrechtsbewegung in den Philippinen.

Weibliche Gefangene

Die Opfer des Supertaifuns Yolanda werden nach Angaben von Mira Legion, einer Überlebenden und Mitglied von Bayan von der Regierung vernachlässigt. Sie werden in Gegenden unter ärmlichen Bedingungen umgesiedelt – ohne Zugang zu Wasser, der Verweigerung von Eigentümertiteln und niedrigem Standard von Häusern. Mira ist eine von den Tacloban 5, die aufgrund gefälschter Beweise im Februar inhaftiert worden sind. Sie wurde nach der Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 120 000 Pesos bzw. 2400 US-Dollar freigelassen. Die anderen sind weiter im Gefängnis. In einem online-Seminar brachte sie ihre Solidarität mit allen Umwelt- und LandschützerInnen im Namen von Tacloban 5 zum Ausdruck.

Am 13.8.2020 hat die Gefängnisaufseherin die Entfernung des Babys der politischen Gefangenen Ina Nasino angeordnet. Es wurde von der Großmutter Marites Aris in Obhut genommen. Die fortschrittliche Rechtsanwaltsvereinigung NUPL bezeichnete den Akt als „Gipfel der Herzlosigkeit“. Ironischerweise fällt das auch im Monat August in den Bruststill-Aufmerksamkeitsmonat. Alle Regierungsinstitutionen sind hier verpflichtet, das Recht der Kinder auf Muttermilch zu verteidigen.

Nach 10 Jahren hat der Oberste Gerichtshof (SC) endlich der in der Todeszelle in Indonesien einsitzenden Mary Jane Veloso eine Zeugenaussage gegen ihre Rekrutierer durch schriftliche Antworten auf Fragen unter Eid erlaubt. NUPL begrüßte das Urteil des SC´s.

Veloso wurde 2010 von indonesischen Autoritätspersonen festgenommen, weil bei ihr 2,6 kg Heroin im Gepäck gefunden worden war, das ihr von zwei anderen Personen untergeschoben worden war.

2015 konnte die Vollstreckung der Todesstrafe gegen Veloso in letzter Sekunde aufgrund internationaler Proteste verhindert werden. NUPL geht davon aus, dass sie freigelassen werden muss und nach Hause zurückkehren kann.

 

Preiserhöhungen“

Auf Verärgerung, Empörung und Protest stößt die geplante Mehrwertsteuer von 12% zu digitalen online-Dienstleistungen, z.B. online-Bestellungen. Insgesamt sind 15 online-Dienste von der Mehrwertsteuererhöhung betroffen. Die fortschrittliche Computerprofi-Vereinigung CPU bezeichnete dieses Gesetz als eine weitere Last für die ums Überleben kämpfende Mehrheit der Bevölkerung und nimmt auch Bezug auf den 15 Milliarden Peso Korruptionsskandal.

Die fortschrittliche Parteiliste Bayan Muna und die KonsumentInnenallianz MSK baten das Energieministerium am 12. 8. 2020 um Unterstützung für die Überprüfung der Bücher des Stromkonzerns Meralco, weil die Finanzausgaben zwischen 2011 und 2019 Diskrepanzen aufwiesen. MSK fand heraus, dass Meralco im Jahr 2019 33,59 Milliarden Kilowattstunden Strom verkaufte, aber 46,87 Kilowattstunden auswies. Das bedeutet, dass Meralco höhere Kosten für Stromlieferungen angab, um die Erhöhungen der Stromkostenrechnungen zu rechtfertigen.

MSK fand zudem noch weitere Unstimmigkeiten.

In verschiedenen Teilen der Welt haben Mitglieder der fortschrittlichen ÜberseearbeiterInnenorganisation Migrante International (OFW) zur geplanten Versicherungspflicht

bei der staatlichen Gesundheitsbehörde PhilHealth in einer online-Rallye am 11.8.2020 Stellung bezogen. Sie können angesichts der weitverbreiteten Korruption in der Regierung nicht darauf vertrauen, dass das Geld zugunsten ihrer Familie und der philippinischen Bevölkerung eingesetzt werde. Die OFWs würden durch die Gesundheitsprogramme in den Ländern abgedeckt, in denen sie beschäftigt seien. Eine doppelte Versicherung wird von den OFWs daher abgelehnt. Aufgrund der welt4weiten Proteste wurde zunächst einmal die Einziehung von Beiträgen gestoppt. PhilHealth befindet sich im Besitz der Regierung, wird aber wie ein privater Betrieb geführt.