Tageszeitung junge Welt / Berlin

Gegründet 1947 – Sa. / So., 23. / 24. Dezember 2017, Nr. 296

Ausgabe vom 23.12.2017

Seite 7 / Ausland

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Der philippinische Präsident Rodrigo R. Duterte und die radikale Linke: Erst hofiert, dann düpiert

Von Rainer Werning

Mit der Waffe gegen die Unterdrückung: Ein Mitglied der KP der Philippinen

Foto: Erik de Castro/REUTERS

Der seit Ende Juni 2016 amtierende Präsident der Philippinen, Rodrigo R. Duterte, ist stets für eine Überraschung gut. Am Montag vergangener Woche (11. Dezember) erbat Duterte vom Kongress eine einjährige Verlängerung des seit Ende Mai im gesamten Süden des Landes geltenden Kriegsrechts. Bereits zwei Tage später wurde seiner Bitte entsprochen: 226 Mitglieder des Repräsentantenhauses und 14 Senatoren nickten den Wunsch des Präsidenten ab, während die Neinstimmen mit 23 beziehungsweise vier kläglich ausfielen. Es ist nicht nur die Legislative, die Duterte geschlossen auf seiner Seite weiß. Es sind Bestrebungen im Gange, auch den Obersten Gerichtshof stramm auf Linie zu bringen. Die angesehene Kolumnistin Solita Collas-Monsod schloss ihren am 16. Dezember im Philippine Daily Inquirer publizierten Beitrag mit der spitzen Bemerkung: »Seien Sie gewarnt. Der Tod unserer Demokratie rückt näher. Ein konstitutioneller Autoritarismus steht uns bevor. Kämpft!« Die Streitkräfte und die Nationalpolizei werden aufgewertet und erhalten ab Neujahr eine beträchtliche Solderhöhung: Bislang Stützpfeiler im »Antidrogenkampf«, sollen sie von nun an verstärkt im »Kampf gegen den kommunistischen Terrorismus« eingesetzt werden.

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Annäherungen an ein philippinisches Phänomen

Von Rainer Werning

Vorbemerkung

Der seit Ende Juni 2016 amtierende 16. Präsident der Philippinen, Rodrigo R. Duterte, polarisiert die Gesellschaft des Inselstaates wie kein Politiker vor ihm. Für seine Anhänger ist „Rody“ oder „Digong“, wie er von ihnen liebevoll genannt wird, ein „langersehnter Messias“. Seine Gegner und Kritiker sehen in ihm indes einen mit hoher krimineller Energie aufgeladenen „Macho-Haudegen“ oder einen „Soziopathen“.

Den Politikstil des Präsidenten bezeichne ich als Dutertismo, der sich wie folgt charakterisieren lässt: Es ist dies ein Politikstil, der sich durch bizarres Mäandrieren zwischen populistischem, mitunter finster reaktionärem Poltern und links drapiertem Habitus auszeichnet. Inszeniert wird diese Pendelpolitik gemäß knallhartem Machtkalkül oder sie geschieht in impulsivem Stakkato.

Entstehung und Ausprägung des Dutertismo

Gedeihen konnte der Dutertismo im Klima von Zerstörung und Gewalt in Südostasiens ältester Konfliktregion – Mindanao und der Sulu-See – sowie im Ausgang einer vor drei Jahrzehnten zelebrierten „Revolution“, die sich letztlich als Machtrochade entpuppte.

Ende Februar 1986 fand die Herrschaft von Ferdinand E. Marcos (1965-86) und seiner Klientel im Zuge der national wie international überschwänglich gefeierten „People Power“ zwar ein Ende. Doch in den Präsidentenpalast Malacañang zog als dessen Nachfolgerin mit Corazon C. Aquino ein Spross der landesweit mächtigsten Clans und Feudaldynastien ein. In den Sattel gehoben von den vormaligen Korsettstangen des Marcos-Regimes: Fidel V. Ramos, langjährig Chef der gefürchteten Philippine Constabulary-Integrated National Police, der Vorläuferin der heutigen Philippinischen Nationalpolizei (PNP), und Verteidigungsminister Juan Ponce Enrile.

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15 Monate Dutertismo – Annäherungen an ein philippinisches Phänomen

http://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=40495

Von Rainer Werning

Vorbemerkung

Der seit Ende Juni 2016 amtierende 16. Präsident der Philippinen, Rodrigo R. Duterte, polarisiert die Gesellschaft des Inselstaates wie kein Politiker vor ihm. Für seine Anhänger ist „Rody“ oder „Digong“, wie er von ihnen liebevoll genannt wird, ein „langersehnter Messias“. Seine Gegner und Kritiker sehen in ihm indes einen mit hoher krimineller Energie aufgeladenen „Macho-Haudegen“ oder einen „Soziopathen“.

Den Politikstil des Präsidenten bezeichne ich als Dutertismo, der sich wie folgt charakterisieren lässt: Es ist dies ein Politikstil, der sich durch bizarres Mäandrieren zwischen populistischem, mitunter finster reaktionärem Poltern und links drapiertem Habitus auszeichnet. Inszeniert wird diese Pendelpolitik gemäß knallhartem Machtkalkül oder sie geschieht in impulsivem Stakkato.

Entstehung und Ausprägung des Dutertismo

Gedeihen konnte der Dutertismo im Klima von Zerstörung und Gewalt in Südostasiens ältester Konfliktregion – Mindanao und der Sulu-See – sowie im Ausgang einer vor drei Jahrzehnten zelebrierten „Revolution“, die sich letztlich als Machtrochade entpuppte.

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José Maria Sison (78) im Exklusiv-Interview mit Rainer Werning über den philippinischen Präsidenten Rodrigo R. Duterte und die Perspektiven des Landes – Stand: 10. August 2017.

 

(RW): Vor einem Jahr tauschten Sie und Herr Duterte Nettigkeiten über Skype aus und die Erwartungen für politische Veränderungen waren sehr hoch. Wie war der Mann einst unter Ihrer Anleitung als Student?

(JMS): Als ich mit Duterte am 25. April 2016, noch vor der Präsidentschaftswahl (am 9. Mai – RW), eine Skypekonferenz hatte, erklärte er, der erste linke Präsident der Philippinen werden zu wollen. Er sei kein Kommunist, verstehe sich aber als Sozialist.

 

Eine Woche nach seiner Wahl sandte ich Fidel Agcaoili (Chef des NDFP-Friedensverhandlungsteams – RW) zu Direktgesprächen mit Duterte in die Philippinen. Dabei versprach der Präsident, alle von der NDFP aufgelisteten politischen Gefangenen freizulassen. Duterte bot sogar an, vier Repräsentanten der CPP in sein Kabinet aufzunehmen, um die

Ministerien für Arbeit, Agrareform, Umwelt und Soziales zu leiten. Aber ich erklärte ihm, er solle besser Personen ernennen, die sich durch besondere Leistungen hervorgetan haben, patriotisch und fortschrittlich sowie kompetent und gewissenhaft sind. Ich ließ ihn ferner wissen, dass es zunächst darum gehe, zwischen der NDFP, einschließlich der CPP, und der Regierung erfolgreiche Friedensverhandlungen zu führen. CPP-Vertreter im Kabinett, die vor einem Erfolg der Verhandlungen ernannt wären, erweckten den Anschein eines Ausverkaufs.

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Tageszeitung junge Welt / Berlin

Gegründet 1947 – Sa. / So., 23. / 24. September 2017, Nr. 222

Seite 6 / Ausland

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Mit Dutertes Segen

Oppositionsbündnis protestiert gegen philippinischen Präsidenten

Von Rainer Werning

Feuriger Widerstand: Der philippinische Präsident Duterte

stand im Mittelpunkt der Kritik am Donnerstag in Manila

Foto: Romeo Ranoco/Reuters

Am Donnerstag, dem 21. September, jährte sich in den Philippinen zum 45. Mal die landesweite Verhängung des Kriegsrechts durch den damaligen Präsidenten Ferdinand E. Marcos. Just an diesem Tag hatten die Organisatoren der erst Ende August gegründeten »Bewegung gegen Tyrannei« landesweit zu Großdemonstrationen gegen die Regierung des knapp 15 Monate amtierenden Präsidenten Rodrigo R. Duterte aufgerufen. Zehntausende waren dem Appell gefolgt. Auch in Manilas ausladendem Rizal-Park skandierten die meist schwarz gekleideten Menschen Parolen wie »Nie wieder Kriegsrecht!«, »Schluss mit Tötungen – Stopp der außergerichtlichen Hinrichtungen!« und »Nieder mit dem faschistischen US-Duterte-Regime!« Ihr Protest richtete sich gegen den desaströsen »Antidrogenkrieg« Dutertes mit bereits annähernd 13.000 Opfern, das seit dem 23. Mai für den gesamten Süden geltende Kriegsrecht und eine schleichende Faschisierung. Unweit des Präsidentenpalastes hatten sich Tausende Gegendemonstranten in vorwiegend grünen und organgefarbenen T-Shirts versammelt, um ihrem Idol »Digong« oder »Rody«, wie Duterte von seinen Anhängern genannt wird, zuzujubeln.

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