Junge Welt – Rainer Werning – Ungewohnte Bilder aus Oslo

26.08.2016 / Ausland / Seite 7

Philippinische Regierung verhandelt mit Linksbündnis NDFP seit Montag über Friedensvertrag
Von Rainer Werning

Entspannte Atmosphäre und Goodwill, wohlgesetzte Worte von beiden Seiten, optimistische Grundstimmung mit dem Ziel, zügig voranzukommen. Darauf lässt sich der bisherige Verlauf der seit Montag formell wiederaufgenommenen Gespräche zwischen Emissären der Regierung in Manila und dem im Untergrund operierenden Linksbündnis Nationale Demokratische Front der Philippinen (NDFP) zusammenfassen.

Eröffnet wurde die Verhandlungsrunde von Elisabeth Slattum. Sie ist im Auftrag der norwegischen Regierung, unter deren Schirmherrschaft diese Gespräche seit 2001 stehen, Sonderbeauftragte für den philippinischen Friedensprozess. Slattum und Norwegens Außenminister Børge Brende, der ebenfalls zugegen war, äußerten die Hoffnung, den seit Ende der 1960er und damit weltweit mit am längsten währenden bewaffneten Konflikt endlich zu beenden.

Diesmal, so betonten die Verhandlungsführer der Regierung in Manila, Jesus Dureza und Silvestre Bello III., fänden die seit Jahren ergebnislosen Verhandlungen in einem gänzlich neuen Umfeld statt. »Das neue Element«, unterstrichen beide, »ist die Präsidentschaft von Duterte«. Im Kabinett des seit Ende Juni amtierenden Rodrigo Duterte fungiert Dureza als dessen Berater für den Friedensprozess, während Bello, der Verhandlungsleiter der philippinischen Delegation, zugleich Arbeitsminister ist.

Die Ausführungen dienten dem politischen Chefberater der NDFP und Gründungsvorsitzenden der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP), José Maria Sison, als Steilvorlage. Er erklärte in seinem Eingangsstatement: »Es reicht nicht, Feindseligkeiten zu beenden. Ein gerechter und dauerhafter Frieden muss auf Reformen basieren, die die Menschen aus dem Morast von Unterentwicklung, sozialer Ungerechtigkeit und Armut herausführen. In diesem Sinne kann über einen Waffenstillstand und Kooperation hinaus eine Regierung der nationalen Einheit, des Friedens und der Entwicklung angestrebt werden.« Erstmalig in der Geschichte der Philippinen würde ein Präsident die Machenschaften der Oligarchie und die Liebedienerei gegenüber ausländischen Mächten attackieren, »indem er sich der Sprache der Straße und der Methoden der Massenbewegung bedient«, fügte Sison hinzu. Die CPP und ihre Guerillaorganisation, die Neue Volksarmee (NPA), sind Teil der NDFP.

Luis Jalandoni, Vorsitzender der NDFP-Verhandlungsdelegation, wies in seinem Statement darauf hin, dass es der anderen Seite in der Vergangenheit mehr um eine Befriedungs- und Aufstandsbekämpfungsstrategie als um ernsthaften Frieden gegangen sei. Jetzt gehe es darum, fünf Kernpunkte auf die Agenda zu setzen: Bekräftigung früherer Abmachungen; Anerkennung akkreditierter Berater; Beschleunigung der Gespräche über soziale, wirtschaftliche, politische und konstitutionelle Reformen sowie die Beendigung von Feindseligkeiten; Amnestierung und Freilassung aller politischen Gefangenen sowie die Modalitäten eines Waffenstillstands. Bislang konnte man sich in den ersten drei Punkten einigen, was von beiden Seiten entsprechend gewürdigt wurde.

Tatsächlich waren bereits zwischen 1992 und 1998 wegweisende Vereinbarungen erzielt worden – darunter das »Gemeinsame Abkommen über Sicherheits- und Immunitätsgarantien« (JASIG) sowie das »Umfassende Abkommen zur Wahrung der Menschenrechte und des Internationalen Humanitären Rechts« (CARHRIHL). Letzteres sah die Schaffung eines Gemeinsamen Monitoringkomitees (JMC) vor, das entsprechenden Beschwerden nachgehen und Rechtsverstöße prüfen sollte.

Das JMC konnte seine Arbeit nur bedingt aufnehmen, weil die USA und die Europäische Union auf Drängen der damaligen philippinischen Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo (2001–2010) CPP und NPA als »terroristisch« eingestuft hatten. Sehr zum Verdruss der norwegischen Regierung, die ihre Rolle als Konfliktmediator konterkariert sah. Präsident Benigno Aquino III. (2010–2016) ließ mehrere JASIG-geschützte NDFP-Berater einfach inhaftieren und bestritt kategorisch die Existenz politischer Gefangener in seinem Land.

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