Junge Welt – Rainer Werning – Appell an Tokio aus Berlin

Tageszeitung junge Welt / Berlin
Gegründet 1947 – Montag, 14. August 2017, Nr. 187
Ausgabe vom 14.08.2017, Seite 4 / Inland
——————————————————————–

Appell an Tokio aus Berlin

 Mahnwache zum Gedenken an weibliche Opfer des japanischen Militärs
im Zweiten Weltkrieg

Von Rainer Werning

Überlebende und ihre Unterstützer fordern seit 26 Jahren eine Aufarbeitung der Verbrechen der japanischen Armee an 200.000 Frauen im Zweiten Weltkrieg, hier während einer Konferenz in Tokio
Foto: Takehiko Kambayashi/dpa

Mahnwache am Montag, 14. August
von 16 bis 18 Uhr in Berlin, Pariser Platz

In den Regionen Ost- und Südostasien sowie im Pazifik zählt dieses Kapitel auch 72 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu den
düstersten und bis heute nicht gänzlich aufgearbeiteten. Die Rede ist
von bis zu 200.000 Mädchen und Frauen aus 13 Ländern, die während des Pazifikkrieges von der kaiserlichen japanischen Armee als
Zwangsprostituierte in Militärbordellen systematisch gequält worden
waren. Die meisten von ihnen waren Chinesinnen und Koreanerinnen.
Die mitunter zynisch als »Trostfrauen« Bezeichneten sollten helfen, die »Disziplin, Moral und Kampfkraft der Truppen« zu heben, wie es der
Kaiser ausdrückte.

Am 14. August 1991 wagte mit der Koreanerin Kim Hak Soon erstmals eines der Opfer den Schritt an die Öffentlichkeit. Sie sprach über ihr eigenes Schicksal und über das Tausender Leidensgefährtinnen. Seit nunmehr fünf Jahren wird daher der 14. August international als Gedenktag für die »Trostfrauen« begangen. Auch in Berlin soll am heutigen Montag im Beisein von Frauen aus Korea, China und Japan an die zahllosen bereits verstorbenen Opfer erinnert werden. Zugleich wird für die Forderung der Überlebenden nach Aufarbeitung der Kriegsvergangenheit in Japan demonstriert werden. Die unter anderem von traditioneller koreanischer Performancekunst begleitete Aktion wird von der AG »Trostfrauen« im Korea Verband e. V., der Japanischen Fraueninitiative Berlin und der Koreanischen Frauengruppe in Deutschland veranstaltet und u. a. von Amnesty International, der Deutschen Ostasienmission (DOAM) sowie dem Korean Women’s International Network unterstützt.

Am 28. Dezember 2015 hatten Japan und Südkorea ein »endgültiges und
unwiderrufliches Abkommen« unterzeichnet, das den damals noch 46
überlebenden Zwangsprostituierten die Zahlung von einer Milliarde Yen
(etwa 7,6 Millionen Euro) zusicherte. Der damalige japanische Außenminister Fumio Kishida erklärte bei der Unterzeichnung des Vertrags, »Ehre und Würde der Frauen« seien durch das japanische Militär
»zutiefst verletzt« worden. Sein Land erkenne seine »Verantwortung« an.
Von der südkoreanischen Öffentlichkeit und den hochbetagten ehemaligen
»Trostfrauen« wird das Abkommen hingegen als eine Art Ablasshandel
betrachtet, zumal die Zahlung aus Tokio nicht formell als Entschädigung
eingestuft wurde. Für Ärger sorgte auch die Zusage Südkoreas, im Rahmen der Vereinbarung eine vor der japanischen Botschaft aufgestellte Statue, die an die Zwangsprostituierten erinnert, an einen anderen Ort zu
bringen. Südkoreas neuer Präsident Moon Jae In hat zugesagt, das Thema nochmals auf die politische Agenda zu setzen. #