Junge Welt – Rainer Werning – Makabere Umbettung

16.08.2016 / Ansichten / Seite 8

Begräbnis für philippinischen Exdiktator

Von Rainer Werning

In diesem Punkt bleibt sich der seit dem 30. Juni amtierende 16. philippinische Präsident Rodrigo R. Duterte treu. Neben der harschen Bekämpfung von Drogendealern, Kriminalität und Korruption hatte der von seiner Fangemeinde kurz »Rody« oder »Digong« genannte Politiker bereits vor seinem Wahlsieg versprochen, einem seiner Vorgänger mit dem Begräbnis auf dem Heldenfriedhof zu Manila im Nachhinein die letzte Ehre zu erweisen.

Die Rede ist von Ferdinand E. Marcos, der den südostasiatischen Inselstaat von 1965 bis zu seinem Sturz im Jahre 1986 mit eiserner Faust regierte. 1972 hatte dieser Finsterling landesweit das Kriegsrecht verhängt, um sich und seine politische Klientel an der Macht zu halten. Er hatte diesen Schritt damit begründet, dem »kommunistischen Aufruhr«, der »muslimischen Sezessionsbewegung« sowie dem Treiben von Privatarmeen seiner politischen Rivalen endgültig einen Riegel vorzuschieben. Als Marcos aus dem Amt gejagt wurde, hinterließ er mit weit über 10.000 Opfern eine Blutspur. Daneben hatte er die Auslandsverschuldung des Landes von gerade mal zwei Milliarden US-Dollar bei seinem Amtsantritt auf annähernd 30 Milliarden US-Dollar vervielfacht.

Die Schandtaten und Kleptokratie dieses Despoten und seiner Vasallen wurden in ihren Ausmaßen nur von seinem südlichen Nachbarn, Indonesiens Exgeneral Suharto, übertroffen. Und von seinen Gönnern in Washington schamlos gedeckt. Noch im Sommer 1981 hatte der damalige US-Vizepräsident George Bush Senior seinem Gastgeber Marcos in Manila zugetoastet: »Wir schätzen Ihr Festhalten an Demokratie und der Wahrung demokratischer Prozesse.«

Trotz heftiger Regenfälle hatten sich am Wochenende über 2.000 Menschen in Manila versammelt, um gegen das im nächsten Monat geplante Heldenbegräbnis für den 1989 im Exil auf Hawaii verstorbenen philippinischen Exdiktator zu protestieren. Deren Zahl wird beträchtlich wachsen, sollte Duterte Marcos‘ einbalsamierte Leiche in seiner nördlichen Heimatstadt Batac tatsächlich auf den Heldenfriedhof umbetten.

In zumindest vierfacher Hinsicht wäre ein solcher Akt zutiefst tragisch: Er würde nochmals die Opfer der Marcos-Diktator verhöhnen – zumal ihnen bis heute jedwede Unterstützung verwehrt bleibt. Die Regierung in Manila setzte sich zudem dem Gespött der Welt aus, da Marcos‘ einst reklamierten Heldentaten und Orden als antijapanischer Widerstandskämpfer erstunken und erlogen waren, was mittlerweile einwandfrei dokumentiert ist. Eine solch makabere Inszenierung entspräche gleichzeitig der Aufwertung eines Clans, dessen Junior im Mai dieses Jahres fast Vizepräsident geworden wäre. Und last, but not least betriebe der sich mitunter als »Linker« gerierende »Digong« damit knallhart das Geschäft der Reaktion. Und mutierte zu dem, was er letztlich ist: ein geistiges Zieh- und Schmuddelkind der Familie Marcos, das bereits jetzt über 800 Opfer außergerichtlicher Hinrichtungen auf seinem Kerbholz hat.

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