Arroyo am Pranger

Tageszeitung junge Welt / Berlin

09.12.2009 / Ausland / Seite 6

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Philippinische Präsidentin wegen Verhängung des Kriegsrechts im

Süden des Landes scharf kritisiert

Von Rainer Werning

Gegen die von der philippinischen Präsidentin Gloria Arroyo- Macapagal

verkündete Proklamation Nr. 1959, mit der sie am vergangenen Sonnabend

über die südliche Provinz Maguindanao das Kriegsrecht verhängte, regt sich landesweit massive Kritik.

Oppositionspolitiker, Kommentatoren in den Medien, das Gros der

vielschichtigen NGO-Szene, Kirchenvertreter, namhafte Juristen im Lande

und selbst Teile des Busineß-Sektors drängen darauf, daß das Kriegsrecht

schnellstmöglich beendet wird. In einer am vergangenen Freitag veröffentlichte Pressemitteilung des einflußreichen »Makati Business Club« schreiben die Autoren: »Wir glauben nicht, daß es Präsidentin Arroyo darum geht, der Öffentlichkeit zu dienen, sondern einzig und allein darum, sich an ein öffentliches Amt mit all seinen Insignien der Macht zu klammern.« Weiter heißt es in dieser Mitteilung: »Bei den nächsten Wahlen haben wir die Gelegenheit, das alte Regime zu verwerfen und dafür zu sorgen, daß Anti-Reform- und Anti-Demokratie- Kräfte ihren Einfluß im Kongreß nicht konsolidieren. Deshalb rufen wir alle Filipinos

auf, für transformative Führer zu stimmen, die für Integrität und Transparenz stehen und dazu beitragen, daß Visionen in die Politik zurückkehren …«

Die beiden größten Widerstandsbewegungen im Lande, die Moro Islamische

Befreiungsfront (MILF) und das politische Untergrundbündnis der Nationalen Demokratischen Front (NDFP), der die Kommunistische Partei und deren Guerillaorganisation, die Neue Volksarmee, angehören, warnten die Regierung vor einer Eskalation der Gewalt. Das Zentralkomitee der MILF verfaßte bereits am 26. November eine Stellungnahme, in der sie Frau Arroyo mahnte, die laufenden Friedensverhandlungen nicht zu gefährden. Gleichzeitig erinnerte Muhammad Ameen, Vorsitzender des MILF-Sekretariats, an »das kollektive Gedächtnis der Filipinos«, über »den barbarischen Akt vom 23. November« nicht die zahlreich begangenen Massaker der Streitkräfte gegen die Moros in der Vergangenheit zu

vergessen. In einer Stellungnahme des Exekutivkomitees der NDFP vom 7.

Dezember verurteilt dessen Sprecher, Luis G. Jalandoni, aufs schärfste die Politik Arroyos. Sie wandle auf den Pfaden des früheren Diktators Ferdinand E. Marcos und habe stets jene Machthaber in Maguindanao hofiert, derentwegen sie jetzt das Kriegsrecht in dieser Provinz verhängte. »Unmittelbar nach ihrem ?Sieg? bei der Präsidentschaftswahl 2004«, so Jalandoni, »gab Frau Arroyo im Präsidentenpalast Malacanang eine große Party für Andal Ampatuan sen.«. Dessen Clan zählt zu den Hauptverdächtigen des Massakers vom 23. November, bei dem 57 Menschen

ums Leben kamen. #