Friedenssuche im Stakkato

Die Verhandlungen zwischen Vertretern der Regierung in Manila und den Rebellen der Moro Islamischen Befreiungsfront gehen nunmehr ins vierzehnte Jahr

Rainer Werning
Ende des Monats treffen sich unter der Schirmherrschaft Malaysias die Unterhändler Manilas und der Moro Islamischen Befreiungsfront (MILF) zu einer erneuten Verhandlungsrunde in Kuala Lumpur. Das alles überragende Thema ist eine dauerhafte Friedenslösung für den Süden des Archipels (Mindanao, Basilan, Jolo), wo bewaffnete Konflikte seit Ende der 1960er Jahre annähernd 150000 Menschen das Leben kosteten und Hunderttausende zu Flüchtlingen werden ließen. Kernproblem des Konflikts ist Land: Die heute bedeutsamste Widerstandsorganisation der muslimischen Bevölkerung, die MILF, will die Selbstverwaltung eines von ihr bestimmten Territoriums.

Zwar war bis Anfang August 2008 ein von beiden Seiten unterschriftsreifes Abkommen, das Memorandum of Agreement on Ancestral Domain (MoA-AD), ausgehandelt worden. Doch im letzten Moment torpedierte der Oberste Gerichtshof die Vereinbarung und entschied später, das MoA-AD sei unvereinbar mit der Verfassung des Landes. Die Konsequenzen waren – wieder einmal für die Zivilbevölkerung – desaströs. Die MILF-Führung fühlte sich hintergangen, während einige ihrer Regionalkommandeure aus Enttäuschung über jahrelange, letztlich erfolglose Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen die offene Feldschlacht mit den Regierungstruppen suchten. Hunderte verloren seitdem ihr Leben, und selbst Regierungsstellen mußten zur Jahreswende 2008/09 über 600000 interne Flüchtlinge registrieren.

Einer der MILF-Regionalbefehlshaber, Ustadz Ameril Umbra Kato, auf dessen Ergreifung Manila zwischenzeitlich ein hohes Kopfgeld ausgesetzt hatte, attackierte öffentlich die MILF-Führung unter ihrem Vorsitzenden Murad Ebrahim. Von Kapitulation, Verrat und Ausverkauf der Moro-Interessen war die Rede. Ein Vorwurf, der vor allem in der jüngeren Generation von MILF-Anhängern verfängt. Kato wandte sich schließlich im Sommer 2010 von der MILF ab, um später die Formierung einer eigenen Guerillatruppe, der Bangsamoro Islamic Freedom Fighters (BIFF), zu verkünden. Über deren Mitgliederstärke kursieren unterschiedliche Angaben – mal wird von über 1 000, mal von lediglich zirka 100 Kombattanten gesprochen.

Jedenfalls stellt das ein Problem dar, das selbst der MILF-Chefunterhändler bei den Friedensverhandlungen, Mohagher Iqbal, offen anspricht: »Wir kümmern uns um eine Klärung. Es gibt nur eine Kommandostruktur, wir haben nur eine Organisation, und daran hat sich jeder zu halten.« Eine unerwartete Steilvorlage für den Juristen Marvic Leonen, der im Auftrag von Präsident Benigno S. Aquino III als Chefunterhändler fungiert. »Uns interessiert natürlich«, so Leonen, »daß ein bestimmter Grad an Disziplin von allen Beteiligten beherzigt wird und diese auch mit einer Zunge reden.«

Den Artikel finden Sie unter: http://www.jungewelt.de/2011/04-16/005.php

(c) Junge Welt 2011

http://www.jungewelt.de