Junge Welt – Rainer Werning – Befreiung nach Cäsarenart

Tageszeitung junge Welt / Berlin

Ausgabe vom 04.07.2015, Seiten 12 & 13 / Thema

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Befreiung nach Cäsarenart

 

Vor 70 Jahren, am 5. Juli 1945, erklärte US-General Douglas

MacArthur die Besatzung der Philippinen durch die Japaner für beendet.

 

Von Rainer Werning

 

»Amerikanischer Cäsar«: General Douglas MacArthur bei der Invasion der zentralphilippinischen Insel Leyte am 20. Oktober 1944

Foto: NARA/wikimedia.org/public domain

 

Er war während des Zweiten Weltkriegs als Oberkommandierender der »United States Army Forces in the Far East« (USAFFE) der unumstrittene

Star des amerikanischen Militärs im sogenannten Fernen Osten und im Pazifik. Als »Oberbefehlshaber der Alliierten Mächte« überwachte er nach der Kapitulation Japans Anfang September 1945 die Demilitarisierung des

Landes und schickte sich an, zu Beginn des Koreakrieges (1950–53) auch

zum mächtigsten Politiker in Washington aufzusteigen. Als er zur Abkürzung dieses Krieges die »Pulverisierung« grenznaher Städte der erst im Oktober 1949 gegründeten Volksrepublik China und die Eskalation des Krieges befürwortete (was nichts anderes bedeutete, als dass er auch den Einsatz von Atomwaffen befürwortete), entließ US-Präsident Harry S. Truman kurzerhand den mit einem gewaltigen Ego ausgestatteten und mehrfach mit hohen Orden dekorierten Berufssoldaten und bestallte als dessen Nachfolger General Matthew Ridgway. Die Rede ist von General Douglas MacArthur, den sein Biograph William Manchester trefflich als »amerikanischen Cäsar« titulierte.

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      Fatale Fehleinschätzung

 

Der »amerikanische Cäsar« war noch bis zum Angriff japanischer Kampfbomber auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 überzeugt, dass die

seit 1898 von den USA kolonialisierten Philippinen imstande seien, als eine sich selbst verteidigende Festung potentielle Angriffe von außen abzuwehren. Eine fatale Fehleinschätzung, die MacArthur zwang, das Hauptquartier der USAFFE von der philippinischen Insel Luzon nach Australien zu verlegen, womit zugleich den Filipinos die Hauptlast des antijapanischen Widerstands aufgebürdet wurde. Denn bereits wenige Stunden nach ihrer Angriffswelle gegen die US-Kriegsmarine auf Hawaii drangen japanische Truppenverbände in einer Zangenbewegung gen Süden vor und besetzten strategisch wichtige Orte des philippinischen Archipels. Auch diesmal gelang es japanischen Kampfbombern, Luftwaffenstützpunkte der USA, vor allem das nördlich von Manila gelegene Clark Air Field, anzugreifen und nahezu die gesamten dort befindlichen Geschwader der US-Luftwaffe zu zerstören. Knapp einen Monat später, am 2. Januar 1942, marschierte die von General Homma Masaharu befehligte 14. Kaiserlich Japanische Armee siegreich in Manila ein.

 

      Beschwichtigung und Propaganda

 

Den Krieg wollte Homma als Konfrontation zwischen den USA und Japan

präsentieren, die das Leben der einfachen Filipinos kaum beeinträchtigen

würde. Der General selbst unterzeichnete Sicherheitspässe und Kapitulationsurkunden, die kollaborationswilligen Filipinos freies Geleit und Reisen ermöglichten, und forderte im Interesse der angestrebten Politik unter dem Schlagwort »Die Philippinen den Filipinos« zur aktiven Zusammenarbeit mit den japanischen Behörden auf.

 

Unablässig wurde von japanischer Seite die rassische und kulturelle Einheit der Völker Asiens beschworen. Den Filipinos stellte man die Befreiung von der amerikanischen Kolonialherrschaft in Aussicht. Besonders beliebt und verbreitet im Rahmen dieser gezielten psychologischen Kriegführung war der Abwurf von Propagandamaterial aus Flugzeugen. Meist handelte es sich dabei um mehrfarbige Postkarten, mit denen ein doppelter Zweck verfolgt wurde: Zum einen sollte in der Bevölkerung Hass gegen den »weißen«, »westlichen Imperialismus« geschürt, andererseits die Kampfmoral der US-Truppen im Lande beschädigt werden.

 

Japans Beschwichtigungsstrategie verfing unter den Mitgliedern der städtischen Oberschicht und der politischen Elite, nicht aber im Hinterland. Dort operierten neben den USAFFE, in die auch Filipinos eingebunden waren, unterschiedliche Guerillagruppen. Gewaltsame Übergriffe japanischer Einheiten häuften sich, die Sicherheitslage blieb prekär. Diese angespannte Situation dauerte faktisch bis zum Ende der japanischen Herrschaft an und durchkreuzte nicht zuletzt die ursprünglichen Pläne Tokios, sich mit Hilfe eines militärisch kontrollierten Wirtschaftskonsortiums einheimischer Bodenschätze wie Kupfer, Eisen, Gold, Chrom und Mangan zu bemächtigen. Ständige Attacken von Guerillaverbänden, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von

Arbeitskräften, ungenügende Transportkapazitäten und Ölmangel führten

dazu, dass das Kalkül, lukratives Business mit einer geregelten Versorgung des Mutterlandes zu verknüpfen, nicht aufging.

 

      »Kleinjapan« auf Mindanao

 

Um eingestellte Baumwollimporte aus den USA und Indien zu kompensieren,

war vorgesehen, in den Philippinen und in anderen Ländern Südostasiens

in großem Stile in die Baumwollproduktion einzusteigen, um so das

angloamerikanische Embargo zu unterlaufen und den gesamtjapanischen

Bedarf an diesem Rohstoff zu decken. Der südphilippinischen Insel Mindanao fiel dabei die Schlüsselrolle zu, zumal sich dort bereits seit den 1920er Jahren verstärkt japanische Staatsbürger niedergelassen hatten. Im Volksmund hieß Mindanao auch »Kleinjapan«. In der Stadt Davao war es dem japanischen Geschäftsmann Ohta Kyozaburo gelungen, mit der Ohta Development Company ein Unternehmen zu etablieren, das sich zunächst auf den Anbau von Abacá (Manilahanf) spezialisierte und später seine Produktpalette auch auf Zitrusfrüchte ausweitete.

 

Über wirtschaftliche Erwägungen hinaus war Mindanao als bedeutsamer

Knotenpunkt der japanischen Spionage interessant. Dort nämlich befand sich auch ein Ableger der über ganz Ost- und Südostasien verteilten »Gesellschaft des Schwarzen Drachen« (Kokuryukai), die gemeinsam mit der »Gesellschaft Schwarzer Ozean« (Genyosha) für die japanische Armee und die Regierung Spionagedienste leistete und aktiv in Sabotageakte – vor allem in China – verwickelt war.

 

      Partisanenkrieg der Hukbalahap

 

Antijapanischer Widerstand (auch) im Dienste der Vereinigten Staaten

(US-Propagandaplakat)

Foto: NARA/wikimedia.org/public domain

 

Während des Krieges waren etwa 260.000 Filipinos in unterschiedlichen

Guerillaorganisationen aktiv. Ein noch größerer Teil der Bevölkerung hatte sich heimlich im antijapanischen Untergrund engagiert. Das erklärte, warum die japanischen Truppen effektiv nie mehr als zwölf der damals 48 Provinzen des Landes zu kontrollieren vermochten. Die mit Abstand größte und bedeutendste Guerillaorganisation war die Ende März 1942 von Kommunisten und Sozialisten gegründete »Antijapanische Volksarmee« (Hukbalahap; kurz: Huk) unter dem Kommando von Luis Taruc. Etwa 30.000 Huk-Kämpfer kontrollierten auf dem Höhepunkt der Kampfhandlungen den größten Teil der nördlichen Hauptinsel Luzon, deren Zentrum die traditionelle Reiskammer des Landes und zugleich eine Hochburg feudaler Ausbeutungsverhältnisse war.

 

Eine der ersten Maßnahmen der Huk bestand darin, die Bevölkerung in ihren Operationsgebieten zu bewaffnen. So entstanden auf lokaler Ebene mit den »Vereinten Barrio-Verteidigungskorps« (BUDC) Keimzellen des antijapanischen Widerstands. Da zahlreiche Großgrundbesitzer aufgrund der Kriegswirren ihre Ländereien verlassen hatten und vorzugsweise nach Manila geflüchtet waren, gelang es den Huk vielerorts mühelos, diese Ländereien Pachtbauern zu überlassen oder gemeinschaftlich zu bewirtschaften. Wo dies nicht möglich war, setzten sich die Huk für die Senkung der zumeist exorbitanten Pachtabgaben ein – allesamt Maßnahmen, die von der Bevölkerung begrüßt wurden und es den Partisanen ermöglichten, sich ausreichend mit Lebensmitteln und militärischem Nachschub zu versorgen. Ein weiterer Schritt der Guerilla bestand darin, schrittweise die politischen Strukturen auf dem Lande umzukrempeln und die Verwaltungsapparate, angefangen von kleinen Postämtern bis hin zur Provinzregierung, mit eigenen Leuten oder Sympathisanten zu besetzen.

 

      »Unabhängig« von Tokios Gnaden

 

In Manila hoben derweil die japanischen Militärbehörden anstelle der früher existierenden politischen Parteien die Einheitsbewegung »Gesellschaft im Dienste für die Neuen Philippinen« (Kalibapi) aus der Taufe, die neben anderen neu geschaffenen Organisationen der direkten Kontrolle durch die japanische Militärverwaltung unterstand und von dieser genutzt wurde, um die Philippinen in die »Unabhängigkeit« zu entlassen.

 

Im Juni 1943 verkündete die wesentlich auf Manila beschränkte Kalibapi

die Gründung der Vorbereitungskommission für die philippinische

Unabhängigkeit mit José P. Laurel als Präsidenten. Diese Kommission

erarbeitete eine neue Verfassung, die Anfang September von einer

Nationalversammlung ratifiziert wurde. Diese kürte Ende desselben Monats

Benigno S. Aquino, den Großvater des heute amtierenden Präsidenten, zu

ihrem Sprecher und Laurel zum Staatsoberhaupt der neuen Republik.

Offiziell blieb Laurel vom 14. Oktober 1943 bis zum 15. August 1945

Präsident von Japans Gnaden, dann erklärte er von seinem japanischen

Exil aus die Besatzung für beendet. Anerkannt war diese sogenannte

Zweite Philippinische Republik außer von den Achsenmächten (Japan,

Deutschland, Italien) nur noch von der einstigen Kolonialmacht Spanien

und dem Vatikan.

 

Wie kein anderer politischer Clan auf den Inseln verkörperten die Laurels prototypisch bedingungsloses Paktieren mit den jeweils Mächtigen. Unter den Spaniern waren die Laurels zu Ehren gelangt, sie hofierten die US-Amerikaner ebenso ungeniert wie die neuen japanischen Kolonialherren, um danach wiederum ihre Herzen im Takte mit Uncle Sam schlagen zu lassen. Zwar ließ General Douglas MacArthur Laurel nach Kriegsende aufgrund seiner Kollaboration mit Japan festnehmen und zeitweilig ins Sugano-Gefängnis in der Nähe von Tokio sperren. Doch trotz des Laurel zur Last gelegten Hochverrats und damit verbundener Anklagen in über 130 Fällen wurde dem Politiker kein Haar gekrümmt. Er musste sich vor keinem Gericht verantworten, geriet in den Genuss einer Generalamnestie, um bereits 1951 erneut in den Senat der mittlerweile auch von den USA (formell) unabhängig gewordenen Republik der Philippinen einzuziehen.

 

José P. Laurel verstand seine Politik nach der Flucht der Commonwealth-Regierung (1934 hatten die USA ihrer Kolonie einen sogenannten Commonwealth-Status als sich selbst verwaltendes Überseegebiet gewährt, der 1946 mit der formalen Unabhängigkeit endete) und General Douglas MacArthurs vor den Japanern als aufopferungsvollen Einsatz im Dienste des Volkes, dem er größeres Blutvergießen ersparen wollte. Als Präsident eines Vasallenregimes kontrollierte er gerade mal ein Viertel des Landes – vor allem die größeren Städte einschließlich ihrer Außenbezirke. Doch in diesem Herrschaftsbereich setzte er sich kompromisslos für die Interessen des japanischen Besatzungsregimes ein. Eine seiner ersten Amtshandlungen bestand in der Anweisung an alle Reis- und Maisproduzenten, ihre Ernten und Vorräte unverzüglich an Regierungsstellen abzuliefern, damit diese die japanischen Truppen mit Lebensmitteln versorgen konnten. Den zweiten Jahrestag des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor ließ Laurel unisono mit den Kriegstrommlern in Tokio als »Tag der Befreiung des Größeren Ostasien« feiern, an dem sich Japan anschickte, »die orientalischen Völker von der westlichen Herrschaft zu befreien«.

 

      Rückkehr MacArthurs – Zerstörung Manilas

 

Als General Douglas MacArthur sein früheres Versprechen »Ich werde

zurückkehren!« wahrmachte und nach großen japanischen Verlusten im

Pazifik sowie im östlichen Teil der Philippinen am 20. Oktober 1944 in

Begleitung von Sergio Osmeña, dem Nachfolger des im August 1944 im US-Exil verstorbenen Commonwealth-Präsidenten Manuel Quezon, auf der Insel Leyte an Land ging, betrat er ein weitgehend verwüstetes Land.

 

Um die Jahreswende 1944/45 rückte der Krieg immer näher an die Hauptstadt heran. Es dauerte einen Monat, bis nach den erbittertsten und

verlustreichsten Straßenkämpfen in ganz Südostasien, in denen um jede

Häuserzeile gerrungen wurde, die Entscheidungsschlacht in der Nähe des

alten spanischen Stadtzentrums Intramuros ausgefochten wurde. Was später

als »Befreiung« Manilas gepriesen wurde, war ein vom 3. Februar bis zum

  1. März 1945 wütendes Gemetzel, in dessen Verlauf allein über 100.000

Zivilisten ihr Leben verloren. »Von allen Kriegshauptstädten«, erklärte der spätere US-Präsident, General Dwight D. Eisenhower, »erlitt nur Warschau höhere Schäden als Manila.« Als MacArthur einen Tag nach den amerikanischen Unabhängigkeitsfeiern, am 5. Juli 1945, die Philippinen

für »befreit« erklärte, betrug die Zahl der während des Krieges getöteten Filipinos annähernd 1,2 Millionen – ein Vierzehntel der damaligen Bevölkerung und prozentual im Fernen Osten der höchste Blutzoll nach China.

 

      Entwaffnung der Guerilla – Hofieren der Eliten

 

Umso größer war das Erstaunen, dass einer der ersten Befehle des USAFFE-Chefs nach der verlustreichen Einnahme Manilas und noch vor der Kapitulation Japans an die Adresse der Huk gerichtet war, unverzüglich ihre Waffen zu strecken und sie USAFFE-Einheiten beziehungsweise US-Kommandeuren zu übergeben. Im Volksmund, erst recht in den von Huk

kontrollierten Gebieten, hießen die USAFFE fortan »Tulisaffe«. Tulisan heißt auf Filipino/Tagalog Räuber.

 

Weigerten sich Huk-Kämpfer, ihre Waffen abzugeben, wurden sie als

»gesetzlos« und als »Banditen« gebrandmarkt und entsprechend behandelt.

Ein Dauerkonflikt zwischen den alt-neuen Machthabern und der Guerilla

war programmiert. Ende der 1940er Jahre benannte sich die Hukbalahap in

Volksbefreiungsarmee (HMB) um, die sowohl die Regierung in Manila als

auch die US-Streitkräfte auf den Inseln bekämpfte.

 

Um die Commonwealth-Regierung wiederherzustellen und die politischen,

wirtschaftlichen und militärischen Prärogative Washingtons zu wahren, stützte sich der »amerikanische Cäsar« gezielt auf vormals projapanische Elemente, aus den USA eingeflogene Counterinsurgency-Strategen und Experten in psychologischer Kriegführung sowie auf ein amerikanisch-philippinisches Regelwerk, das alledem einen demokratischen Anstrich verleihen sollte. Das Einbinden projapanischer Persönlichkeiten in die Gestaltung der Nachkriegsordnung hatte den Vorteil, dass sie erpressbar, zumindest aber manipulierbar waren. Das erklärte auch die politische Karriere von Manuel Roxas, des letzten Commonwealth-Präsidenten und ersten Staatschefs der am 4. Juli 1946 unabhängig gewordenen Republik der Philippinen.

 

Roxas, vor dem Krieg Politiker und Exbrigadegeneral in der Armee, war

während der japanischen Okkupation ein hochrangiges Mitglied des

Marionettenregimes. Ihm oblag die Aufgabe, die japanischen Truppen mit

Reis zu versorgen. Nach dem Krieg wurde Roxas zunächst zusammen mit

weiteren etwa 5.000 Kollaborateuren von US-amerikanischen Militärs

gefangengenommen, aber schon bald auf Anweisung von General MacArthur

wieder auf freien Fuß gesetzt. Er war so etwas wie der Darling MacArthurs, der ihn für fähiger als Osmeña hielt und das politische Comeback des Zöglings im Partido Nacionalista aktiv förderte. Damit war Roxas prädestiniert, Osmeña im ersten Urnengang nach dem Krieg auszubooten.

 

      Politisch verraten – wirtschaftlich verkauft

 

»Ich (…) schwöre feierlich, den Vereinigten Staaten von Amerika vollauf Vertrauen zu schenken und ihnen Gefolgschaft zu leisten (…), dass ich ihnen ehrenwert und treu gegen alle ihre Feinde dienen werde (…), die Befehle (…) des Präsidenten der Vereinigten Staaten und der mir vorgesetzten Offiziere befolge (…) und mich gemäß der Richtlinien und Konventionen des Kriegsrechts verhalte.«

 

Solche und ähnliche Treueide hatten über eine viertel Million Filipinos vor und nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor geleistet und damit ihr Schicksal an das der US-Streitkräfte gekoppelt. Im Gegenzug für diese Loyalität, zu der US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Filipinos aufgefordert hatte, stellte die Regierung in Washington den philippinischen Soldaten nach Kriegsende dieselbe Behandlung wie die ihrer amerikanischen Waffengefährten in Aussicht. Das sollte sowohl Entschädigungen als auch eine angemessene Krankenversicherung und Rente betreffen.

 

Doch bereits im Februar 1946 war im US-Kongress der Rescission Act

(Widerrufs- oder Aufkündigungsgesetz) verabschiedet und von Präsident

Truman unterzeichnet worden, der genau das Gegenteil beinhaltete. Darin

hieß es nunmehr, dass der von Filipinos geleistete (Kriegs-)Dienst »nicht als einer betrachtet wird, der (…) im Militär oder den nationalen Streitkräften der Vereinigten Staaten oder in irgendeiner anderen ihrer Einheiten« erbracht worden sei. Demnach bestünde auch kein Anspruch auf eine Behandlung nach US-amerikanischem Recht, mithin auch nicht die Möglichkeit, in den Genuss etwaiger Sonderbehandlungen oder Vergütungen zu kommen.

 

Nicht nur die Kriegsveteranen wurden betrogen und zu Bürgern zweiter Klasse degradiert. Gleiches geschah auch in der »großen Politik«. Das von Präsident Roosevelt im August 1943 abgegebene Versprechen, die Philippinen für Kriegszerstörungen angemessen zu entschädigen, wurde nicht eingehalten. Statt dessen erhitzte die Gemüter in Washington und Manila ein langwieriges politisch-diplomatisches Tauziehen um die Höhe und Modalitäten der zu leistenden Kriegsreparationen. Zwei US-Politiker spielten dabei eine Schlüsselrolle – Marylands Senator Millard Tydings und der aus Missouri stammende Kongressabgeordnete Charles J. Bell.

 

Tydings setzte sich im Herbst 1945 im US-Senat für eine Nothilfelieferung in Höhe von ursprünglich 620 Millionen US-Dollar ein, die jedoch unverzüglich um 100 Millionen Dollar gesenkt wurde. Darüber hinaus hatte der Senator die Zahlung solcher Leistungen von der Erfüllung bestimmter Auflagen seitens Manilas abhängig gemacht. Dazu zählten die Einrichtung einer Behörde zur Feststellung der Kriegsschäden, die »U.S.-Philippine War Damage Corporation«, sowie die Festschreibung von Gleichheitsklauseln, wonach Amerikaner in den Philippinen dieselben Rechte wie Filipinos in den USA genießen sollten. Dermaßen schleppend arbeitete diese Behörde, dass erste Zahlungen erst Ende 1946 an Manila flossen und individuelle Ansprüche von

philippinischer Seite nicht vor April 1947 berücksichtigt wurden. Als die War Damage Corporation 1950 ihren Betrieb einstellte, hatte sie lediglich 388 Millionen US-Dollar an über eine Million private Antragsteller ausgezahlt – mindestens 1,25 Milliarden Dollar an Reparationszahlungen waren ursprünglich vorgesehen.

 

Das nach dem US-Kongressabgeordneten Bell als »Bell Trade Act« benannte

»Philippinische Handelsgesetz« aus dem Jahre 1946 hatte nicht nur die

Empfehlungen von Senator Tydings übernommen. Dieses Gesetz ging noch

weit darüber hinaus. Es akzeptierte die »Parity rights«, also die Gleichheitsklauseln, garantierte über einen Zeitraum von acht Jahren den

Freihandel mit den USA und band den philippinischen Peso an den US-Dollar mit der Auflage, den Wechselkurs nur mit Zustimmung Washingtons ändern zu dürfen. Außerdem wurde die Verlängerung des zollfreien Handels mit bestimmten Produkten für weitere 28 Jahre festgelegt. Die wirtschaftspolitische Hegemonie der USA über ihre Neokolonie blieb bestehen – vor allem wegen der Erpressbarkeit von Präsident Manuel Roxas. In seine Amtszeit fiel denn auch die Entscheidung, den USA den Unterhalt und Ausbau militärischer Stützpunkte zu gestatten und ihnen dafür entsprechende Areale auf der Basis eines 99 Jahre währenden Pachtvertrags zur Verfügung zu stellen.

 

Als in den Philippinen zehn Monate nach der Kapitulation Japans das

Sternenbanner eingeholt wurde und sich das Land für die Unabhängigkeit

am 4. Juli 1946 rüstete, saßen alte Politiker in neuen Sätteln, und gaben Großgrundbesitzer und wohlhabende Geschäftsleute wieder den Ton in

Verwaltung, Wirtschaft und Politik an. Ermutigt und unterstützt durch eine US-Politik, die an die Vorkriegszeit anknüpfte und zuvörderst die Interessen der Herrschenden in Washington, Manila und Tokio im Blick hatte.

 

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Literatur

 

Hernando J. Abaya: Betrayal in the Philippines. New York 1946

 

Alphonso J. Aluit: By Sword and Fire. The Destruction of Manila in World

War II, 3 February–3 March 1945/./ Manila 1994

 

Benedict J. Kerkvliet: The Huk Rebellion. A Study of Peasant Revolt in

the Philippines. Berkeley 1977

 

William Manchester: American Caesar. Douglas MacArthur 1880–1964. Boston

1978

 

Ikehata Setsuho/Ricardo Trota José (Hg.): The Philippines under Japan.

Occupation Policy and Reaction. Quezon City 1999

 

Luis Taruc: Born of the People. Bombay 1953

 

Napoleon Valeriano: Military Operations, in: Counter-Guerrilla

Operations in the Philippines 1946–53. A Seminar on the Huk Campaign

held at Ft. Bragg (NC), 15 June 1961

 

Rainer Werning ist Koherausgeber des mittlerweile in 5. Auflage im Horlemann-Verlag (Angermünde) erschienenen »Handbuch Philippinen« und schrieb auf diesen Seiten zuletzt am 17. April über die Roten Khmer.