Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen in den Philippinen auf die Menschenrechte, Teil 13

Zusammengestellt aus Artikeln aus Bulatlat vom 21.08.-31.08.2020, Bildnachweis: Bulatlat.com

Eine Freundin der ermordeten Zara Alvarez, Bulatlat-Redakteurin Janess Ann J. Ellao berichtet in der Ausgabe vom 21.08.20, dass Zara in den Wochen vor ihrer Ermordung festgestellt hatte, dass sie von vermutlich staatlichen Agenten beschattet wurde. Nichts desto trotz habe sie ihre Arbeit weiter geführt, z.B. die Durchführung von Unterstützungsaktionen für die von der Pandemie betroffenen Gemeinden. In der Nacht, in der sie umgebracht wurde, hatte sie die Anklageschrift eines politischen Häftlings vorbereitet, koordinierte und gab wichtige Mitteilungen an dessen Familie und ihren Rechtsanwalt weiter. Erste Berichte der Menschenrechtsorganisation Karapatan von Negros legen dar, dass sechsmal auf sie geschossen wurde, zwei Schüsse waren tödlich. Zara bekam früh ein politisches Bewusstsein. Sie wuchs auf mit christlichen Werten und Lehren zu sozialer Gerechtigkeit, und sie bevorzugte die Armen. Ihre Eltern waren aktive Kirchenleute. Während ihrer Hochschulzeit beteiligte sie sich an Untersuchungsreisen zu Bauerngemeinden in Cadiz, Negros und sie wurde Mitglied in der örtlichen Gruppe von Anakbayan (fortschrittliche Jugendorganisation), wo sie schließlich zur Generalsekretärin im Jahr 2000/2001 gewählt worden ist. Als die Regierungspräsidentin Gloria Macapagal-Arroyo die blutigsten Aufstandsbekämpfungsprogramme Oplan Bantay Laya 1 und 2 einführte, erkannte Zara, dass sie sich auch für Menschenrechtsangelegenheiten engagieren muss.

Nachdem sie graduiert hatte und eine zugelassene Lehrerin wurde, entschied sie sich für die Fortsetzung ihrer Vertretungsarbeit als Vollzeitangestellte für verschiedene Volksorganisationen in Negros. Sie diente als stellvertretende Generalsekretärin von Bayan und Kampagnenleiterin von Karapatan. Seit ihrem politischen Erwachen lebte Zara mit Verunglimpfungen und antikommunistischer Brandmarkung. Während ihres zweijährigen Gefängnisaufenthaltes und nach ihrer Freilassung, hörte das nicht auf. Dazu gehörte auch ihre Listung in der infamen Terroristen-Liste des Justizministeriums mit 600 weiteren Personen. Zwei Monate bevor sie in die Liste aufgenommen wurde, erschienen ihr Name und ihr Foto auf einem Plakat, das Polizeifunktionäre in der Stadtmitte von Moises Padilla in Negros aufgehängt hatten. Darauf wurde sie als sog. CNN-Persönlichkeit bezeichnet. CNN steht dabei für CPP, NPA und NDFP. 2019 gehörte sie zu den Menschenrechtler/innen, die beim Berufungsgericht einen Antrag auf persönlichen Schutz gestellt hatten. Dieser Antrag wurde jedoch zurückgewiesen. Als die Journalistin Anne Krueger bei einer Serie von Hausdurchsuchungen am 31.10.2019 zusammen mit 61 weiteren Personen verhaftet wurde, strauchelte Zara nicht und erreichte die Freilassung von Krueger auf Kaution. Auch im Angesicht von Drohungen und Einschüchterungen blieb Zara kühl und ruhig. Während der Ausweitung von Morden in Negros im Jahr 2019, spielte Zara eine Schlüsselrolle bei der Organisierung und dem Streben nach Hilfe. Sie unterstützte auch die Bitte nach Erneuerung der Lizenz für ABS-CBN und führte dazu Protestaktionen durch. Zara hinterlässt eine 11-jährige Tochter.

 

Nach einer Autopsie des Leichnams von Randall Echanis durch die forensische Expertin Raquel Fortun, die am 21.08.2020 veröffentlich wurde, gibt es kaum einen Zweifel, dass Echanis vor seinem Tod leiden musste. Echanis erlitt Verletzungen, die ihm zugefügt wurden als er noch lebte. Tödlich war der Stich in seinen Rücken. Eine stumpfe Waffe wurde für seinen Kopf benutzt und eine spitze, lang genug, um Organe wie die Aorta, das Herz und die Speiseröhre zu erreichen. Im Kopf von Echanis gibt es ein Trauma in verschiedenen Teilen. Tödlich war die Stichwunde über der siebten Rippe, wo hinter sich lebenswichtige Organe befinden. Erlinda, Randalls Frau, sagt: „Es gibt keinen Zweifel daran, die Ermordung ihres Ehemannes war politisch motiviert. Das steht in Verbindung mit seiner Arbeit als Berater der NDFP und als Vorsitzender von Anakpawis. Es gibt kein anderes Motiv und die Kapazität, das durchzuführen, haben die bewaffneten Kräfte des Regimes.

Romeo F. Quijano, Professor der Universität der Philippinen im Ruhestand, nimmt in einem ausführlichen Artikel von Bulatlat vom 21.08.20 Stellung zu den „Gefahren der Covid-19-Impfung“. Er bezieht sich dabei u.a. auf das Fiasko bei der Dengue-Fieber-Impfung im Jahr 2018 und plädiert für eine sorgfältige und umsichtige Behandlung der Covid-19-Impfung.

Unter Bezugnahme auf die Morde an Randall Echanis und Zara Alvarez äußert die UN-Hochkommission für Menschenrechte am 22.08.2020 große Besorgnis und fordert die philippinische Regierung und die Kommission für Menschenrechte dazu auf, eine unabhängige Untersuchung der Morde an Menschenrechtsverteidiger/innen in den Philippinen durchzuführen. Michelle Bachelet kritisierte: „Die abträgliche Rhetorik reicht von Degradierung und sexuell angereicherter Kommentare gegen weibliche Menschenrechtsverteidigerinnen, Politikerinnen und Kämpferinnen – einschließlich Vergewaltigungswitzen – bis hin zu Stellungnahmen, Folterungen herunterzuspielen, Forderungen, indigene Völker zu bombardieren, zu extremer Gewalt gegen Drogennutzer/innen und Händler/innen zu ermutigen, Belohnungen dafür anzubieten, zur Enthauptung von Akteuren/innen der Zivilgesellschaft aufzufordern und Journalisten/innen zu warnen, dass sie nicht immun gegenüber Hinrichtungen seinen.“ Karapatan kritisiert die Doppelzüngigkeit von Präsidentensprecher Harry Roque, der die Gewalt gegen Aktivisten/innen verurteilt, aber zugleich, die Beschuldigung, dass staatliche Kräfte hinter den Morden stünden, als unbegründet zurückweist. Dreizehn Mitglieder von Karapatan, einschließlich Zara, wurden in der Regierungszeit von Duterte getötet.

 

Am 22. August 2020 würdigt die Vorsitzende der städtischen Armutsorganisation Kadamay, Gloria Arellano den am 28. Mai 2020 ermordeten Kadamay Führer Carlito Badion. Sie übergab seiner Witwe und der Tochter ein Portrait von Carlito auf dem Gelände der Kommission für Menschenrechte. Sie habe sich über ihn amüsiert. Er war der Kommandeur auf der Barrikade, am Angesicht der Phalanx von Polizisten mit Schildern und Schlagstöcken. Er hinkte und lahmte wegen einer Kinderlähmung auf einer Seite, führte die Bewohner/innen bei der Verteidigung ihrer Rechte, beim Verbleib in ihren Wohnungen in mitten der Drohungen mit der Zerstörung. „Ich fragte mich, woher sein Mut kam. Sein Mut kam von seinem Vertrauen in die Massen, dass sie der Polizeigewalt widerstehen können.“, so Arellano. Badion wurde tot aufgefunden nahe dem Pagsanga-an River in der Stadt Ormoc. Lea Maralit von Kadamay Bulacan wurde von Carlito eingearbeitet. Sie habe ihn im August 2016 das erste Mal gesehen, während sie eine Kampagne für den Zugang zu Wasser und Strom in der Umsiedlungsgemeinde Pandi durchführten. Badion war Arbeiter in einer Textilfabrik. Er hatte die Payatas Tragödie (Müllbergabrutsch auf einer Arbeitersiedlung im Juli 2000, bei dem über 300 Menschen ums Leben kamen, Anm. von mir) überlebt. Er war unter denen, die nach Montalban (jetzt Rodriguez) in Rizal umgesiedelt worden sind. Dort wurde er aktives Mitglied von Kadamay. 2012 wurde er zum Generalsekretär gewählt. Sein Engagement gegenüber der Lage der Armen machte ihn zur Zielscheibe verschiedener Formen von Schikanen der Sicherheitskräfte. Maralit stellte fest, nun da die Gemeinde Pandi massiv von den staatlichen Sicherheitskräften bedroht sei, habe sie auch Angst. „Ich erhalte meine Inspiration von Tatay (gemeint ist Carlito, der Verf.), der mir immer gesagt hat, den Massen zu vertrauen. Es gibt nichts was wir nicht erreichen können, wenn wir vereinigt sind.“

 

 

Am 23.08.2020 gibt das Justizministerium bekannt, dass eine behördenübergreifende Institution (ICC) zur Untersuchung der außergerichtlichen Morde von Echanis und Alvarez eingesetzt wird. Am 18. August hatten Repräsentanten/innen von fallorientierten Organisationen, Menschenrechtler/innen und Friedensverfechter/innen eine Zusammenkunft am „Welttag für Gerechtigkeit“ durchgeführt, um das Leben und den Märtyrertod von Echanis und Alvarez zu würdigen sowie ihre Mörder und alle außergerichtlichen Tötungen zu verurteilen. Mittlerweile beläuft sich deren Anzahl auf 134 unter Duterte. Neri Colmenares, Vorsitzender von Bayan Muna fordert die ICC dazu auf, diesbezüglich eine Anklage gegen Duterte zu erstellen. Sehr kritisch sieht er die begrenzte Zeit des ICC von einem Monat. Das gebe einen Eindruck für die Ernsthaftigkeit und das Vertrauen zu den Untersucher/innen. Die Möglichkeit von ICC sei durch eine Administrativanordnung unter Präsident B.S. Aquino III am 22.11.2012 erteilt worden. Fünf seiner neun Mitglieder gehören zum Sicherheitsestablishment des Staates, die in Menschenrechtsverletzungen miteinbezogen seien. Kann von einer solchen Kommission erwartet werden, dass sie eine unvoreingenommene Untersuchung der Morde durchführt? So die berechtigte Frage von Satur Ocampo, Kommentator von Bulatlat.

In einer Resolution, die an das Kabinett weitergeleitet wurde, wird von IATF-MEID (eine nationale Arbeitsgruppe zu Infektionskrankheiten) dazu aufgefordert, dass man sich eine Übersicht verschaffen solle, wie die Gemeinden, die eine hohe Covid-19-Ansteckungsrate hätten, mit dem Probleme umgehen. Die Resolution bezieht sich auf die Hauptstadtregion, die Provinzen von Bulacan, Cavite, Laguna und Rizal. Es wird darin u.a. behauptet, es gebe einen nationalen Plan, wie man mit der Pandemie umgehen will. Luis V. Teodoro meint dazu in einem Kommentar in Bulatlat vom 23.08.2020, dass die Existenz eines solchen Planes entweder eines der best gehütesten Geheimnisse der Regierung sei oder ein Mythos oder eine Illusion. Die übereilte Anordnung des „Zurück zur Arbeit“, die ohne Unterstützung für die notwendigen Unterstützungsleistungen wie z.B. Transport gegeben worden ist, zeigt das Fehlen eines Masterplanes. Kritisch sieht er auch das Vorrecht von Kabinettsministern, direkt in de Durchführung der Anti-Pandemie-Programme der örtlichen Regierungen zu intervenieren.

Das Kinderrehabilitationszentrum CRC und Karapatan von Zentral Visayas fordern am 23.08.20 die sofortige Freilassung von drei Minderjährigen, die vom Militär in der Stadt Guihulngan, Negros Oriental am 14. August festgenommen worden sind. Es handle sich bei den Dreien nicht um Mitglieder der NPA. Ein weiterer Jugendlicher wurde bei dem Zwischenfall erschossen. Laut CRC werden von der AFP schon lange Minderjährige als Opfer militärischer Überfälle der NPA gebrandmarkt, weil diese als Kindersoldaten missbraucht würden. Das sei eine Lizenz, unschuldige Kinder zu schikanieren, zu bedrohen und einzuschüchtern, zu beschatten oder anderen Formen von Menschenrechtsverletzungen zu unterziehen.

Die neuesten Entwicklungen bei der Produktion eines Impfstoffes zu Covid-19 haben sowohl in den Mainstream-Medien als auch generell in der Öffentlichkeit großes Interesse hervorgerufen, so beginnt ein Artikel von Bulatlat am 25.08.2020. Es sei definitiv wahr, das ein Impfstoff, der wissenschaftlich auf Sicherheit und Effektivität geprüft sei, dabei helfen wird, unsere aktuelle Situation zu verbessern. Impfungen haben bei der Ausrottung bzw. Nichtausrottung von Krankheiten wie Polio, Pocken und anderen ähnlichen Erkrankungen eine große Rolle gespielt. Es gibt eine breite Übereinstimmung unter Wissenschaftler/innen und medizinischen Berufen, dass Impfstoffe, die sorgfältig getestet und überprüft sind, gut für die Menschheit sind. Es ist aber auch wahr, dass es eine dunkle Seite von Impfstoffen gibt. Wir brauchen uns dazu nur die frühen Experimente des Impfpioniers Edward Jenner in Erinnerung zu rufen, der unverarbeitete Kuhpockenimpfungen bei einem Kind durchführte – ohne ausreichende Information, Einverständnis oder Zustimmung. Das Streben nach einem Impfstoff kann nicht losgelöst werden von der Profitorientierung, die die Welt heute dominiert. Duterte will sich an den klinischen Vereinbarungen zum russischen Sputnik Impfstoff beteiligen. Unser Land mit einer Myriade von Problemen im Gesundheitssystem, auch schon vor der Pandemie, ist dazu einfach nicht ausgerüstet, um mit den möglichen Gefahren für die philippinischen Teilnehmer/innen adäquat umzugehen. Kritisch sieht der Artikel die Schnelligkeit mit der die Vereinbarungen durchgeführt werden. Normalerweise benötige die Entwicklung von Impfstoffen Jahre. Das sind schon genug Gründe, um nicht daran teilzunehmen. Auch wenn der Impfstoff bei einem Patient wirken sollte, gibt es viele weitere Aspekte: Wie werden die Sera an die ärmsten und marginalisierten Bereiche in unserer Gesellschaft verteilt? Wie kann sichergestellt werden, dass es für jede/n genügend Impfstoff gibt? Welche Maßnahmen gibt es bei denjenigen, die sich die Impfung nicht leisten können? Wie werden diese Maßnahmen in die „neue Normalität“ eingeführt?

 

Farmer/innen auf der Hazienda Yulo in den Sitios Buntog und Bangyas in der Gemeinde Canlubang, Calamba in Laguna wurden am 24.08.2020 nach Angaben der fortschrittlichen Bäuerinnenorganisation Amihan und der Bauernorganisation KASAMA-TK von bewaffneten privaten Sicherheitskräften mit der Vertreibung bedroht. Diese Kräfte, die mit langläufigen Gewehren ausgerüstet sind, wurden außerhalb Buntog stationiert und blockieren den Zugang. Die Sitio Buntog ist Teil der Hazienda Yulo, einer 7.100 ha großen Zuckerrohrplantage In Laguna, die drei Städte (Calamba, Cabuyao und Santa Rosa) umfasst. Das 200 ha große Gebiet der Sitio wurde zu einer Unterabteilung der Bewohner/innen. Buntog ist umzäunt und Schläger zerstören Anschlagstafeln der Farm. Sie stehlen die Früchte von unseren Bäumen. Die Familien der Sitio leben dort ein Jahr nach dem Ausbruch des Vulkans Taal im Jahre 1910. Der Besitz des Landes wechselte von dem Madrigal Clan zu dem Amerikaner G. Milne. 1928 begann er mit dem Umwandlungspross zu Kokosnuss-, Kaffee- und Reisanbau. 1948 wechselte der Besitz zu Jose Miguel Yulo. Während dem II. Weltkrieg hatte er als Oberrichter des Marionettenregimes mit den Japanern kollaboriert. Nach dem Krieg wurde er zum Hausmeister in dem Milne Besitztum ernannt und dann schließlich der Eigentümer. Während der Regierungszeit von Macapagal reichten die Farmer/innen von Yulo eine Petition ein, mit der Bitte, Landtitel zu bekommen. Yulo gelang es einige Farmer/innen zu mobilisieren, die Schilder trugen, auf denen stand, sie wollten keine Landreform. Das wurde als Beweis dafür angeführt, dass die Farmer/innen ihre Meinung geändert hätten. Neben der Hazienda Yulo besitzt die Familie die Yulo King Ranch, fast 40.000 ha groß, in Busuange und Coron, Palawan. Das sei die größte landwirtschaftliche Anomalie in den Philippinen, so die fortschrittliche Farmer/innenvereinigung KMP

Am 28.08.2020 starten entlassene Beschäftigte und ihre Unterstützer/innen Protestaktionen und sammeln Unterschriften für die Volksiniative mit dem Ziel, ABS-CBN wieder zuzulassen. Um erfolgreich zu sein, benötigen sie 10% aller registrierten Abstimmungsberechtigten und 3% aller registrierten Wähler/innen in jedem gesetzlichen Distrikt. Schätzungsweise sind das sieben Millionen Unterzeichner/innen, bevor der Prozess weitergeführt werden kann. Während des Referendums müssen sich letztlich 50% plus 1 der Stimmberechtigten für die Inkraftsetzung eines entsprechenden Gesetzes einsetzen. Laut der fortschrittlichen Journalisten/innenvereinigung NUJP haben Hunderte ihren Job verloren, und mit der Schließung werden Millionen Filipinos der Zugang zu glaubwürdigen Neuigkeiten und Informationen zum Kampf gegen die Pandemie verwehrt.

 

Anlässlich des Internationalen Tages des Verschwindenlassens am 30. August 2020 erinnern verschiedene Menschen an deren Schicksal. Darunter befindet sich auch Opfer des sog. Anti-Drogen-Krieges. „Auch Drogenbenutzer/innen haben das Recht zu leben. Man sollte sie nicht wie Tiere abknallen“, so die Aussage eines betroffenen Vaters. Vor zwei Monaten wurde die 50-jährige Elena Tijamo, eine Entwicklungshelferin aus ihrem Haus in Bantayan, Cebu geknebelt, mit Handschellen hinter ihrem Rücken gefesselt, entführt. Mehr als die Hälfte ihres Lebens hat sie sich für Farmer/innen und Landarbeiter/innen eingesetzt. Sie ist bisher letzte von 13 Aktivisten/innen, die unter der Duterte-Regierung gewaltsam entführt worden sind. Die Tijamo-Familie hat seit her nichts von der Leitung der Polizei erfahren. Die Bauernorganisation Fardec, für die sie tätig war, wurde letztes Jahr bei einer Kongressanhörung als „kommunistisch“ gebrandmarkt. Ein Angestellter von Fardec wurde bereits 2007 gewaltsam entfernt und bleibt bis heute verschwunden. Und eine Unterstützergruppe von Fardec verlor 2006 bzw. 2007 zwei Gründungsvorstandsmitglieder. Die Eltern von Elena waren am Anfang gegen die Entscheidung ihrer Tochter für Fardec zu arbeiten, weil sie um ihre Sicherheit fürchteten. Doch nachdem sie sahen, wie glücklich und leidenschaftlich sie ihren Job wahrnahm, gaben sie ihr ihre Unterstützung. Elena ist Alleinerziehende von zwei Töchtern.

Am 31.08.2020 führten verschiedene fortschrittliche Organisationen eine Protestaktion durch, als Teil einer landesweiten Aktion, mit denen „neuen Helden/innen der Nation“ am „Nationalen Heldentag“ Tribut gezollt werden soll. Sie ehrten die, die ihr Leben für die Demokratie im Land geopfert haben. Sie zollten den medizinischen Gesundheitsbeschäftigten, den professionellen Medienbeschäftigten, den Menschenrechtsverteidiger/innen, den Farmer/innen, Lehrer/innen und Arbeiter/innen für ihre wertvollen Beiträge bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie Tribut. Sie forderten Gerechtigkeit für die unter Duterte ermordeten Menschenrechtsverteidiger/innen und Aktivisten/innen.

 

Mitte der 2000er gab es eine landesweite und internationale Kampagne gegen die brutalen und blutigen Aufstandsbekämpfungsprogramme Oplan Bantay Laya I und II während der neunjährigen Präsidentschaft von Gloria Macapagal-Arroyo. Die sog. Anti-Terrorprogramme führten zum Topf von 1.206 Menschen und 206 gewaltsam Verschwundenen. Die „Stoppt die Tötungen“-Kampagne hatte drei wichtige Ziele:

Die Arroyo-Regierung sollte dazu gezwungen werden, dem Sonderberichterstatter der UN zu außergerichtlichen Morde, Philipp Aston, eine Einreise in die Philippinen zu gestatten. Das war 2006 möglich. Er konnte Untersuchungen an der Basis durchführen. In seinem Bericht führte er aus, dass die staatlichen Gewaltkräfte hinter den Morden und Entführungen stecken. Sie trieb den Obersten Gerichtshof unter seinem damaligen Vorsitzenden Reynato S. Puno dazu, einen Gipfel einzuberufen. In Ergänzung zu der Habeas Corpus Akte wurden die gerichtlichen Einrichtungen des Writs of amparo und Habeas data geschaffen. Und die Kampagne führte mit den Anstrengungen von Eltern, Freunde/innen und Menschenrechtsanwälte/innen zu dem erfolgreichen Durchbruch für die Anklage und Bestrafung des „Schlachters“ General Jovito Palparan Junior für die Entführung und das Verschwinden lassen der ehemaligen Studentinnen Sherlyn Cadapan und Karen Empeno. Die Kampagne bewirkte auch einen Rückgang der außergerichtlichen Tötungen, von der Spitze 194 in 2005 und 235 in 2006 auf 100 in 2007 sowie 90 in 2008. 2009 stieg ihre Anzahl aber wieder an auf 130. In der Regierungszeit von Duterte gab es bis zum 17. August 2020 328 Fälle außergerichtlicher Morde. Jetzt wurde erneut eine Kampagne „Stoppt die Tötungen. Gerechtigkeit für die Opfer außergerichtlicher Morde“ gestartet. So der Titel der von Makabayan (fortschrittlicher Parteienlistenblock) initiierten Unterschriftensammlung. Desweiteren gibt es einen offenen Brief vom 27. August von 62 zivilen gesellschaftlichen Organisationen an die 47 Mitgliedsstaaten des UN Menschenrechtsrates, in dem diese angesichts der besorgniserregenden Morde aufgefordert werden, aktiv zu werden und einen unabhängigen Mechanismus zu den Menschenrechtsverletzungen seit 2016 zu beschließen. Und nicht zuletzt gibt es das Aktionsbündnis Menschenrechte Philippinen, eine Gruppe von sieben in Deutschland ansässigen Organisationen, wo die deutsche Regierung und die EU aufgefordert werden, sich im Rahmen der diplomatischen Beziehungen für ein Ende der Straflosigkeit und die Fortführung von Untersuchungen in den Philippinen einzusetzen. Auch die Deutsch-Philippinischen Freunde e.V. unterstützen diese Initiative (Anmerkung von mir). Trotz 14 Einreiseanfragen von der Sonderberichterstatterin zu außergerichtlichen Hinrichtungen, Agnes Callamard, gab es noch keine positive Antwort der Duterte-Regierung.

 

Bereits am 26.08.2020 wurde erneut eine Schule der indigenen Lumad in Bukidnon durch eine paramilitärische Organisation zerstört. Bulatlat berichtet darüber am 30.08.2020. Die von der fortschrittlichen muslimischen Organisation MISFI im Sitio Laburon, Gemeinde Matupe in San Fernando wurde von 50 Mitgliedern von Bagani angegriffen und zerstört. Schulgebäude wurden zerstört, Lehrbücher zerrissen. Lehrer/innen, die die Zerstörungen fotografieren wollten, wurden von dem Bagani-Anführer, Lito Gambay, bedroht. 2007 waren die zwei Schulgebäude und das Lehrerhaus durch Spenden von der EU errichtet worden. Die Bagani-Paramilitärs stehen unter dem Kommando der 89. Infanteriebataillon Bravo Company der AFP. Mit Stand vom August 2020 wurden bereits 178 Lumad-Schulen gewaltsam geschlossen.

Der Innenminister Eduardo Ano wurde vor nicht weniger als zwei Wochen positiv getestet. Das führt nach Meinung von Luis V. Teodoro (fortschrittlicher Bulatlat-Kommentator) natürlicherweise zu der Frage, ob nicht noch andere Kabinettsmitglieder und am meisten besonders Duterte von der Infektion betroffen sind. Sein Gesundheitszustand ist natürlich eine öffentliche Angelegenheit. Laut Angaben des Präsidentensprechers Harry Roque befände sich Duterte in fortwährender Isolierung. Stattdessen gibt es Gerüchte, dass der Präsident über das Wochenende 15.-16.08. aufgrund eines medizinischen Notfalls nach Singapur geflogen sei, was sowohl in alten wie neuen Medien verbreitet wird. Um diese zu zerstreuen erschien in seiner letzten nächtlichen Pressekonferenz, um zu erklären, dass er seine Flügen vor niemanden verstecken würde, auch wenn er keinem eine Erklärung schuldig sei, da das alleine seine Angelegenheit sei. Er räumte gegenüber der Öffentlichkeit ein, dass seine Barrett-Erkrankung der Speiseröhre zu Krebs führen könne. Der Gesundheitszustand von Kandidaten/innen für den Präsident ist keine Angelegenheit einer müßigen Wissbegierde. Denn wer auch immer diesen Posten erhält, hat genug Macht, um das Land ins Glück oder in den Untergang zu führen. Seine oder ihre physische oder geistige Verfassung zum Regieren ist eine gültige öffentliche Angelegenheit. Duterte hat öffentlich erklärt, dass er zurücktreten könne ohne auf den Ablauf seiner Amtszeit in 2022 zu warten, weil er „müde“ sei und dass er jemand anderes bevorzugen würde als die Vizepräsidentin der Philippinen, Maria Leonor „Leni“ Robredo. Er nannte Ferdinand „Bongbong“ Marcos Junior. Soweit eines Zusammenfassung des Kommentars von Teodoro.