Junge Welt – Rainer Werning: Krieg gegen Linke
In Europa wirbt der philippinische Präsident für Investitionen und Frieden. Daheim wächst Kritik am Umgang mit KP
In Europa wirbt der philippinische Präsident für Investitionen und Frieden. Daheim wächst Kritik am Umgang mit KP
Tageszeitung junge Welt / Berlin / Rainer Werning
29.08.2014 / Ausland / Seite 7
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IS auf den Philippinen?
Regierung in Manila verhandelt mit MILF-Rebellen über Frieden. Doch
andere bekennen sich zum »Islamischen Staat«
Immer enger werden seit dem Frühjahr die Kontakte zwischen dem
dschihadistischen »Islamischen Staat« (IS, vormals ISIS/ISIL) und
Gesinnungsgenossen in Südostasien. Neben Indonesien ist dabei vor allem
der Süden der Philippinen ins Zentrum von Propagandisten und Rekruteuren des IS gerückt. Mit der Abu-Sayyaf-Gruppe (ASG) hat dort eine militante Organisation bereits mehrfach international für Schlagzeilen gesorgt. Deren Gründungsmitglieder hatten bereits als »Mudschahedin« in
Afghanistan gegen die sowjetischen Truppen gekämpft. Im Sommer 2000
bestimmte die ASG auch in Deutschland wochenlang die Schlagzeilen, als
einige ihrer Kommandeure auf der südphilippinischen Insel Jolo unter
anderem Mitglieder der Familie Wallert aus Göttingen gefangenhielten und
diese erst nach hohen Lösegeldzahlungen wieder auf freien Fuß setzten.
Tageszeitung junge Welt / Berlin / Rainer Werning
25.08.2014 / Ausland / Seite 6
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Der philippinische Präsident gerät wegen verfehlter Antikorruptionspolitik unter Druck
In zahlreichen philippinischen Städten fanden übers Wochenende
Demonstrationen gegen Präsident Benigno S. Aquino III statt, die am
heutigen Montag mit Großkundgebungen in der Metropole Manila ihren
vorläufigen Höhepunkt finden sollen. Ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Gruppierungen, fortschrittlichen Bürgerbewegungen, linken Parteien sowie engagierten Rechtsanwälten und Kirchvertretern, unter ihnen auch Manilas Erzbischof, Luis Antonio Kardinal Tagle, will im Rahmen einer Volksinititiative bis zu sechs Millionen Unterschriften sammeln, um gegen den »pork barrel scam«, den gemeinhin so genannten größten Betrugs- und Bestechungsskandal in der jüngeren Geschichte des Landes, zu mobilisieren. Dieser dominiert die Innenpolitik seit nunmehr einem Jahr. Selbst der Oberste Gerichtshof der Philippinen hat in zwei wegweisenden Urteilen Mitte November vergangenen Jahres sowie erst Anfang Juli gegen die fortgesetzte Zuteilung von Geldern aus präsidialen Sonderfonds an Senatoren und Kongreßabgeordnete gestimmt und diese Fonds für verfassungswidrig erklärt. Doch der Präsident macht, gestützt auf eine ihm inner- wie außerhalb des Parlaments geneigte politische Klientel, dagegen Front und erwog in den
vergangenen Tagen sogar eine Verfassungsänderung. Das wiederum
verhärtete die Fronten der Aquino-Gegner, die dem Präsidenten vorwerfen,
so seine eigentlich im Juni 2016 endende Amtszeit zu verlängern und sich
unbotmäßiger Persönlichkeiten in der Judikative zu entledigen.
Tageszeitung junge Welt / Berlin
30.07.2014 / Ausland / Seite 7
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Selbstverliebter Pathos
Philippinen: Präsident Benigno S. Aquino III hielt seine jährliche
Rede an die Nation
Rainer Werning
Es entspricht einem alljährlichen Ritual. Immer Ende Juli tritt der Präsident der Republik der Philippinen im Kongreßgebäude vor die Mikrophone. Dann listet er in einer auch in Radio und Fernsehen direkt übertragenen Rede zur Lage der Nation all jene Errungenschaften auf, für die seine Administration in den verflossenen zwölf Monaten verantwortlich zeichnete. Am vergangenen Montag war es das fünfte Mal, daß Benigno S. Aquino III als Staatschef diesen Auftritt zelebrierte – allerdings in einer gänzlich anderen Situation als in den Vorjahren. Ausufernde Korruptionsskandale, schlechtes Krisenmanagement bei Umweltkatastrophen, die beklagenswerte Lage der Menschenrechte,
stockende Friedensverhandlungen mit der Moro Islamischen Befreiungsfront
und das Aussetzen der Gespräche mit dem Linksbündnis Nationale Demokratische Front zur Beilegung der größten sozialen Konflikte – all diese von der Regierung nicht bewältigten Probleme haben zu einem rapiden Ansehensverlust des Präsidenten geführt.
Tageszeitung junge Welt / Berlin
29.07.2014 / Ausland / Seite 6
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Mehr Frust als Frieden
Philippinen: Moro-Rebellen werfen Regierung Verwässerung von im März geschlossenen Friedensvertrag vor
Von Rainer Werning
In den Philippinen mehrt sich bei der Moro Islamischen Befreiungsfront
(MILF) die Unzufriedenheit über die geringen Fortschritte beim Aufbau
einer autonom verwalteten Region für die muslimische Bevölkerung. Am
vergangenen Wochenende sprachen führende Persönlichkeiten der MILF sogar davon, daß »der Mindanao-Friedensprozeß gefährdet« sei.
Am 27. März war im Präsidentenpalast Malacañang der Hauptstadt Manila
der Friedensvertrag zwischen der Regierung und der bedeutendsten
muslimischen Rebellenorganisation unterzeichnet worden. Nach über 40
Verhandlungsrunden im Zeitraum von 17 Jahren unter der Schirmherrschaft der malaysischen Regierung war das »umfassende Abkommen über die Schaffung der Region Bangsamoro« – was wörtlich übersetzt »Land der Moros«, der muslimischen Bevölkerung, heißt – besiegelt worden.
Die Verhandlungsführer beider Seiten, Miriam Coronel-Ferrer für die
Regierung und Mohagher Iqbal für die MILF, sprachen von einem
»historischen Meilenstein«. Dem Vertrag war Mitte Oktober 2012 eine
Rahmenvereinbarung vorausgegangen, die vorsah, die Aufteilung von
Steueraufkommen und politischen Machtbefugnissen zu regeln. Bis Ende
Januar konnte darüber Einigkeit erzielt werden. Parallel war eine
15köpfige Übergangskommission unter dem Vorsitz von Mohagher Iqbal
beauftragt worden, den Entwurf eines entsprechenden
Bangsamoro-Grundgesetzes (BBL) auszuarbeiten. Dieses sollte
schnellstmöglich an das Präsidialamt weitergeleitet werden, damit
Präsident Benigno Aquino III. es den Kongreßabgeordneten und Senatoren als eilbedürftiges Gesetz zur Ratifizierung vorlegen könnte.
Tageszeitung junge Welt / Berlin
01.07.2014 / Ausland / Seite 6
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Magere Bilanz
Nach vierjähriger Amtszeit von Präsident Aquino preist sich die
philippinische Regierung grundlos selbst
Von Rainer Werning
Er werde die Menschenrechte achten, den Sumpf der Korruption austrocknen und für einen volksnahen, geradlinigen Regierungsstil sorgen. Das waren die Kernversprechen von Benigno S. Aquino III, als er am 30. Juni 2010 in den Präsidentenpalast Malacañang in Manila einzog. »Wenn es keine Korruption gibt, herrscht auch keine Armut. Ihr seid mein Boß«, versicherte der Präsident publikumswirksam seinen Wählern. So sollte Volksnähe suggeriert und das schlechte Image philippinischer Politik als »Trapo«-Politik abgestreift werden. »Trapo« steht für »traditionelle Politiker«, die sich schamlos bereichern und die öffentliche Domäne unter sich als private Jagdreviere abstecken.