Die Arbeiter/innen in Laguna sind am stärksten von der Covid-19-Pandemie betroffen. Trotz der Lage Lagunas als industriellem Zentrum des Landes, ist das Risiko einer Covid-19 Infektion nach Angaben des Instituts für Sciherheit am Arbeitsplatz (IOHSAD) sehr hoch. Einige Betriebe in den Wirtschaftszonen mussten ihren Betrieb einstellen, weil sich die Infektion unter ihren Beschäftigten ausgebreitet hat. Laguna hat 21 Wirtschaftszonen.

Die meisten konzentrieren sich in den Städten von Santa Rosa, Bi~nan und Calamba. Mit Stand vom 10. August 2020 gibt es alleine 4.133 aktive Covid-19-Fällle in Laguna. Das sind 55% der Gesamterkrankungen. In den 3 genannten Städten befindet sich die höchste Anzahl aktiver Fälle in der Provinz Laguna, so die Freiwilligen Hilfsorganisation „Dem Volke dienen“.

Die laxe Politik der Regierung bei den Massentests, der Prävention und Kontrolle, die durch die Aussetzung der Arbeitsinspektionen noch verschärft wurden, waren laut IOHSAD die „perfekten Zutaten für eine ausgewachsene Gesundheitskatastrophe am Arbeitsplatz.“ Drei Faktoren trugen zu dem sprunghaften Anstieg der Covid-19-Fälle bei: die geringe Anzahl von Arbeiter/innen, die täglich getestet wurden, die ineffektive Ermittlung von Kontaktpersonen und die Praxis nur Beschäftigte mit Symptomen zu testen, während andere, die mit verdächtigen Personen konfrontiert werden, angewiesen werden, sich zu Hause ohne Abstrichproben in Quarantäne zu begeben.

IOHSAD weist darauf hin, dass die lokale Regierung bisher nur 73 Fabriken bzw. 3% der 2.428 Fabriken der Provinz inspiziert hat. Am 30. Juli 2020 berichtete die Forschungs- und Arbeitnehmerrechtsgruppe Süd-Tagalog Bildung für Arbeiterrechte, Untersuchungen und Entwicklung (STEWARD), Covid-19 Arbeiterbeobachung, dass 290 Beschäftigte von Nidec Philippines bei rt-PCR-Tests (Abstrichen) positiv getestet wurden. Desweiteren gibt es laut STEWARD positive Fälle bei Gardenia Bakeries, F.Tech Philippines Manufacturing, Alaska Milk Corporation, Coca-Cola FEMSA Santa Rosa, Imasen Philppine Manufacturing Corporation, Technol Eight Philippines Corporation, Optodev Inc., Interphil Laboratories, Edward Keller Philippines, Toshiba Philippines und Nexperia Philippines.

IOHSAD wiederholte ihre Forderungen nach kostenlosen Massentests, Subventionen für kleine und mittlere Unternehmen, um sicherzustellen, dass die Gesundheitsnormen eingehalten werden, der sofortigen Beurteilung aller Beschäftigten, um festzulegen, wer sich einem rt-PCR-Test unterziehen sollte, der Einrichtung von Isolationszentren, der Wiederaufnahme der Arbeitsplatzinspektionen durch die Arbeitministeriumssabteilung, der Beauftragung von medizinischen Fachkräften zur Reaktion auf Covid-19 und der Einstufung von Covid-19 als Berufskrankheit. Notwendig sind nach Ansicht von STEWARD auch die regelmäßige Desinfektion am Arbeitsplatz, die Befriedigung der Gesundheits- und Sicherheitsbedürfnisse der Beschäftigten wie PSA und Vitamine, Sanitätskabinen an Ein- und Ausgängen von Fabriken und ein Tür-zu-Tür-Transportdienst, um das Risiko von Covid-19 drastisch zu reduzieren.

Bereits am 3. August 2020 hatte es mit Gewerkschaftsführer/innen aus der Region Süd Tagalog beim Arbeitsministerium einen Antrag für eine Barhilfe von 10.000 Pesos für die Arbeiter/innen eingereicht, die durch die Pandemie ihrer Rechte beraubt wurden. Laut IOHSAD melden sich viele Beschäftigte trotz des hohen Infektions- und Krankheitsrisikos zur Arbeit, wegen der „keine Arbeit-kein Lohn“-Maßnahmen. STEWARD stellt die Behauptungen der Regierung Duterte in Frage, dass es kein Geld gebe. In den letzten 5 Monaten hat sich die Regierung über 2 Billionen Pesos geliehen.

Nachruf auf Fidel V. Agcaoili, verstorben im Juli 2020 im Alter von 76 Jahren

Fidel war seit 1992 Botschafter der NDFP und ihrer Friedenskommission. Er traf sich mit Duterte im Mai 2016 in der Stadt Davao und bekam seine Zustimmung, die Friedensverhandlungen in 2016 wieder aufzunehmen.

Fidel wurde in eine vermögende Familie hineingeboren, überwarf sich aber später mit seinem Vater, einem Anhänger von Marcos.

Zusammen mit Satur Ocampo (Bulatlat) arbeitete er bei dem zweimonatlichen Magazin „Progressive Review“, herausgegeben von Joma Sison, Luis V. Teodoro jun. und Francisco Nemenzo jun. .

Im Alter von Mitte 20 wurde er ins Zentralkommitee der kommunistischen Partei der Philippinen gewählt.

Nach der Verkündigung des Kriegsrechts durch Marcos 1972 nahm Fidel verschiedene Verpflichtungen in der revolutionären Bewegung im Untergrund wahr. Er überlebte Folter und Isolationshaft und wurde 1984 nach zehn Jahren Gefängnis entlassen. Auch seine Frau und zwei seiner Kinder waren inhaftiert worden. Im Gefängnis hatte Fidel sich für bessere Haftbedingungen eingesetzt.

Nach seiner Entlassung initiierte Fidel zusammen mit anderen 1986 die Gründung einer Assoziation von ehemaligen politischen Häftlingen (SELDA) und wurde ihr Generalsekretär.

Jose Mari Velez, ein Beauftragter von SELDA initiierte eine Gemeinschaftsklage vor dem US-Gerichtshof in Hawaii auf juristische Anerkennung der unter der Marcos-Diktatur begangenen Menschenrechtsverletzungen. Mit einer Arbeitsgruppe dokumentierte Fidel Fälle von 10 000 Ex-Häftlingen. Mitte der 90er Jahre entschied dann der Gerichtshof zugunsten der AntragstellerInnen und ordnete einen finanziellen Ausgleich in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar an, der aus dem unrechtmäßig erworbenen Vermögen von Marcos entnommen werden sollte. Im Jahr 2013 beschloss der Kongress dann ein Gesetz mit einer wesentlich niedrigeren Summe als Ausgleich.

SELDA hat Fidel als einen „Eckpfeiler“ ihrer Organisation gewürdigt.

Mord an Randall Echanis

Am frühen Morgen des 10. August wurde der bekannte Bauernführer und Friedensberater Randall Echanis bei einer Hausdurchsuchung in Novaliches, Stadt Quezon, ermordet. Ein Nachbar von ihm wurde ebenfalls getötet. Randy, wie ihn seine Freunde nannten, war 72 Jahre alt. Er saß mehrmals wegen seiner Überzeugung und seinem Engagement im Gefängnis, zuerst unter der Marcos-Diktatur, dann 1990 zusammen mit seiner Frau und seiner zweijährigen Tochter und zuletzt 2008.

Während der Regierungszeit von Duterte war Echanis für die NDFP Mitglied im beidseitigen Arbeitskommitee für soziale und ökonomische Reformen, wo er sich für Landreform, bessere Lebensbedingungen für FarmerInnen und FischerInnen, ländliche Entwicklung und vieles mehr einsetzte.

Nach der Beendigung der Friedensgespräche zwischen Regierung und NDFP erhielt er Drohungen mit Wiederinhaftierung.

Randy war Vorsitzender der fortschrittlichen Parteiliste Anakpavis und stellvertretender Generalsekretär der KMP.

Fortschrittliche Organisationen äußern ihre Empörung über die grausame Ermordung von Randy.

„Das ist die Handschrift von staatlichen Kräften und Söldnern der Duterte-Regierung“, so die KMP.

(s. auch Artikel zu Zara Alvarez)

Verlängerte Gemeindequarantäne und Korruptionsskandal

Am 2.8.20 entsprach Duterte den Forderungen von professionellen Gesundheitskräften und verlängerte eine zweiwöchige (vom 4.-18.8.20) modifizierte und erweiterte Gemeindequarantäne (MECQ) für Metro Manila und benachbarte Provinzen. Doch KritikerInnen sagten auch, dass das nutzlos ist, wenn nicht die Pandemie-Kontroll-Strategie der Regierung geändert werde. Sie fordern weiterhin Massentests und Kontaktverfolgung, Unterstützung von medizinischen Einrichtungen und Schutz für Beschäftigte im Gesundheitswesen statt Einschränkung von Menschenrechten und dem Lebensunterhalt.

In seiner Abendbotschaft peitschte Duterte die GesundheitsarbeiterInnen: Sie sollten nicht versuchen, „die Regierung zu erniedrigen“.

Als Reaktion auf diesen unverschämten Angriff auf die an vorderster Front Kämpfenden kam es in den Sozialmedien zu einer Kritikwelle. U.a. wandten sie sich gegen die MECQ, wenn das nicht vorher mit einem konkreten Plan verbunden sei, was danach komme. Andere führten aus, dass Duterte die Gesundheitsbeschäftigten bedroht, weil sie das kollabierende Gesundheitssystem beim Namen nennen und klare Forderungen stellen.

Am 31.7.20 verstarb Judyn Bonn Suerte an Covid-19. Wie 19 andere GesundheitsarbeiterInnen des Jose´ Reyes Memorial Medical Centers hatte sich der gewerkschaftlich sehr engagierte Kollege mit dem Virus infiziert. Insgesamt sind 4823 GesundheitsarbeiterInnen infiziert (Gesamtbevölkerung mittlerweile über 100 000), von denen 38 gestorben sind.

 

Mitglieder der Gewerkschaft der Gesundheitsbeschäftigten AHW planen, neun Tage lang Kerzen anzuzünden und andere Aktionen unter dem Motto „das Leben der GesundheitsarbeiterInnen zählt“ durchzuführen.

Fortschrittliche Kräfte fordern Duterte auf, hochrangige FunktionärInnen der Philippinischen Gesundheitsversicherungsgesellschaft Philhealth verantwortlich für den Korruptionsskandal zu erklären. An der Spitze von Philhealth steht Ricardo Morales, der zusammen mit 73 im Ruhestand befindlichen Militär- und PolizeifunktionärInnen für zivile Regierungsagenturen von Duterte ernannt worden ist. Von 2013 bis 2018 hat Philhealth nach Schätzungen der Auditkommission 154 Milliarden Pesos durch Überzahlungen und andere Betrugssysteme verloren.

 

„Das ist ein klarer Beweis für die Kaltschnäuzigkeit von korrupten PolitikerInnen, die das Geld der SteuerzahlerInnen dazu benutzen, um sich mitten in der Pandemie selbst zu bereichern“, so Elmer Labog, Vorsitzender der KMU.

Zwei weitere Petitionen gegen das Anti-Terror-Gesetz

Am 6.8.20 wurde die 25. Petition beim Obersten Gerichtshof eingereicht. AntragstellerInnen sind Mitglieder der Besorgten AnwältInnen für zivile Freiheiten (CLCL).

Am 7.8.20 wurde die 26. Petition von der fortschrittlichen Organisation der Indigenen, Sandugo, eingereicht. In ihrer Petition bezogen sie sich u.a. auf legitimierte, strukturelle Gewalt. Bereits seit 2007 würden MuslimInnen Opfer von Inhaftierungen ohne Haftbefehl und rassistischem Profiling.

Gutoc, Marawi Moro Führerin und Vorsitzende Ako Bawit bezeichnete das Anti-Terror-Gesetz als einen „umfassenden Krieg gegen das Volk der Moros“.

 

Proteste gegen Dutertes SONA-Rede

Mehr als 100 Gruppen haben am 27. Juli als Reaktion auf die „5. Erklärung von Duterte zur Lage der Nation“ (SONA) protestiert. Damit konnte das breiteste vereinigte Bündnis seit 20 Jahren aufgebaut werden. Anliegen des SONAkaisa (Volks-SONA) genannten Bündnisses sind die langsame und unangemessene Reaktion der Regierung auf Covid-19, die Unterzeichnung des Anti-Terror-Gesetzes, die Nichterneuerung der ABS-CBN-Lizenz, die Arbeitslosigkeit, die Angriffe auf die Pressefreiheit und anderes.

 

Unterstützt wird es von Prominenten wie Leila da Lima, die zurzeit im Gefängnis sitzt, der früheren obersten Richterin Maria Lourdes Sereno und Schwester Mary John Manazan, Co-Obfrau der Bewegung gegen Tyrannei (MAT).

An der Volks-SONA nahmen trotz Warnungen der Regierung insgesamt mehr als 8000 Menschen teil, wobei die Hygienebestimmungen eingehalten wurden.

Das Innenministerium hatte die örtlichen Regierungseinheiten angewiesen, keine Erlaubnis für Demonstrationen zu erteilen.

Die Protestaktion beleuchtete auch das Versagen der Regierung bei der Bekämpfung von Covid-19. Seit vier Monaten schiebt die Regierung die Verantwortung auf das eigene Volk, das sich vermeintlich eigensinnig gegenüber den Gesundheitsvorschriften verhalte. Die Philippinen haben in Südostasien eine führende Stellung bei den akuten Covid-19-Fällen und stehen an niedrigster Stelle bei den Genesungen davon. Mit über 1000 neuen Ansteckungen täglich ist das Land weit davon entfernt, die Ansteckungskurve abzuflachen. In der Hauptstadtregion Manila hat die Bettenbelegung mit Covid-19-Fällen eine gefährliche Zahl von 76% erreicht.

Nach Angaben von Ibon vom 21.7.20 gab es bisher mehr Inhaftierungen wegen der Verletzung der Quarantäne-Bestimmungen als Fälle von Massentestungen.

An der Spitze des SONA-Protests standen Gesundheitsbeschäftigte von öffentlichen und privaten Krankenhäusern. Mit über 80 000 Infektionen sei das öffentliche Gesundheitssystem überschwemmt, so Maristela Abenojar, Präsidentin der fortschrittlichen Organisation „Pflegekräfte vereint“. Mehr als 3800 Gesundheitsbeschäftigte sind aufgrund des Fehlens von Schutzausrüstung vom Virus befallen. Insgesamt gab es bisher 94.919 an Covid-19 erkrankte Personen (Stand: 25.7.20).

Piston prangerte an, dass mit dem Modernisierungsprogramm für die Jeepneys 150 000 FahrerInnen für fünf Monate hungrig blieben. Nur 10% konnten wieder zurück auf die Straße kehren.

Danilo Ramos, Vorsitzender der fortschrittlichen Bauernorganisation KMP kritisierte, dass die FarmerInnen während der Pandemie nicht genügend Hilfe erfuhren und die, die für ihr Land kämpften, ermordet oder festgenommen und inhaftiert wurden. Laut der Nonprofit-Organisation PANAP gab es von März bis Juni 2020 sechzehn landbezogene Morde und vierzehn Fälle von Gefangennahme und Inhaftierung.

Ramos forderte Duterte zum Rücktritt auf und erhielt dafür Beifall.

 

Hierzu möchte ich erwähnen, dass aktuell zwei Großprojekte geplant werden, welche die ländliche Bevölkerung in Gefahr bringen:

Die San Miguel Corporation (SMC), einer der größten Konzerne der Philippinen, plant eine Industriezone in Sarlaya/Quezon, wobei 3000 Menschen, hauptsächlich FischerInnen, FarmerInnen und ländliche Arme ihren Arbeitsplatz verlieren werden. BewohnerInnen einer Gemeinde werden seit dem 6. Juli sogar gezwungen, ihre Wohnungen zu verlassen.

Zudem hat Duterte zugestimmt, das Umweltverträglichkeitszertifikat für das Tampakan Bergbau-Projekt in Tampakan und umliegenden Orten wiederherzustellen.

Das Bergbauprojekt wurde 2016 unter der damaligen Umweltministerin Gina Lopez suspendiert. Von dem Projekt sind 4000 Lumad-Angehörige betroffen. Bisher wurden 40 Menschen getötet, die an vorderster Front gegen das Bergbauprojekt protestiert hatten.

In verschiedenen Kommentaren wurde die 5. Erklärung von Duterte zur Lage der Nation einer kritischen Bewertung unterzogen. So merkte Renato Reyes jun. an, dass Duterte in seiner eine Stunde und 40 Minuten dauernden Rede den Regierungsplan zur Eindämmung von Covid-19 kaum erwähnt hat. Stattdessen legte der Präsident den Schwerpunkt auf einen Impfstoff, der aber laut der Gemeindeärztin Edelina dela Paz nicht in Sicht sei.

Die Menschenrechtsorganisation KARAPATAN betrachtet die Verlegung von Militär in die Gemeinden als Teil des sog. Entwicklungsprogramms auf die Dorfebene, als Annäherung an das nationale Aufstandsbekämpfungsprogramm, das in einer weiteren Militarisierung der zivilen Bürokratie bis runter zur Gemeindeebene ende.

 

Ebenso kritisierte KARAPATAN Dutertes Pläne zur Wiedereinführung der Todesstrafe in drogenbezogenen Fällen und ging auf Dutertes Leugnung von Menschenrechtsverletzungen während des Kriegsrechts auf Mindanao ein. KARAPATAN dokumentiert 800 000 Menschenrechtsverletzungen, hauptsächlich wegen Luftangriffen und erzwungener Vertreibung, aber auch 93 außergerichtliche Morde.

Die fortschrittliche FischerInnenorganisation PAMALAKAYA prangerte die Angriffe chinesischer Schiffe auf Fischerboote an. Duterte hatte gesagt, die Philippinen können sich keinen Krieg mit China leisten.

„Unsere Rechte vorzutragen, bedeutet nicht, den Angreifern den Krieg zu erklären“, so der Vorsitzende Fernando Hicap.

 

Während der Proteste wurden 141 Menschen von verschiedenen Organisationen festgenommen, meistens unter dem Vorwand angeblicher Verletzungen der sozialen Distanzbestimmungen.

Am selben Tag protestierten Tausende von JournalistInnen und andere vor der Diliman Universität in Quezon mit einem Aufruf zur Verteidigung der Pressefreiheit. Es gab auch Redebeiträge von VertreterInnen der Beschäftigten von ABS-CBN.

Bisher gab es 20 Petitionen gegen das Anti-Terror-Gesetz.

 

Philippinische Menschenrechtsaktivistin Zara Alvarez ist tot – ermordet am 17. August 2020 in Bacolod City (Philippinen). Organisationen aus Deutschland und Österreich verurteilen die Tat und geben ihrem Anliegen eine Stimme.

Wir sind traurig, fassungslos und vor allem wütend. Am Abend des 17. August wurde die Menschenrechtsverteidigerin Zara Alvarez (39 Jahre alt) in Bacolod City erschossen, wenige Stunden nachdem der am 10. August ermordete Landrechts- und Friedensaktivist Randall Echanis beerdigt worden ist.

Wir, die Unterzeichnenden dieser Pressemitteilung, stehen nicht nur in Solidarität geschlossen an der Seite der philippinischen Zivilgesellschaft, sondern fordern gleichzeitig Gerechtigkeit und ein Ende der Repression regierungskritischer Stimmen in den Philippinen.

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Zusammengestellt aus Artikeln aus Bulatlat vom 01.07.-15.07.2020, Bildnachweis: Bulatlat.com

 

Menschenrechtsverletzungen (allgemein):

Nach einem Bericht der UN-Hochkommissarin Michelle Bachelet wurden von Januar 2015 bis Dezember 2019 208 MenschenrechtsverteidigerInnen, JournalistInnen und GewerkschafterInnen ermordet. Es gab 456 Opfer versuchter Tötung, 3531 illegale Festnahmen, 214 Folteropfer, 85 Opfer illegaler Durchsuchungen und Festnahmen, sowie 456 103 Betroffene von erzwungenen Evakuierungen. Unter Duterte wurden 635 AktivistInnen festgenommen und inhaftiert. Nicht mitgezählt sind hier tausende von Menschen, die im sog. „Krieg gegen Drogen“ ermordet wurden.

Kritik am Anti-Terror-Gesetz

Am 3.7.2020 hat Duterte das Anti-Terror-Gesetz unterzeichnet.

Mehr als 1000 Menschen marschierten einen Tag nach der Unterzeichnung des Gesetzes zur Universität Diliman Avenue. Darunter Mitglieder von Piston, Bahaghari (LGBTIQ), der frühere Abgeordnete der fortschrittlichen Parteiliste Anakpawis, Ariel Casilao und die bekannte Satirikerin Mai Paner.

 

Am 6.7.2020 reichte der fortschrittliche Makabayan-Parteilisten-Block eine Petition beim Obersten Gerichtshof (SC) gegen das Anti-Terror-Gesetz ein. Sie fordern den SC auf, das Gesetz für verfassungswidrig zu erklären. Mehrere Absätze würden die Verfassung eindeutig verletzen,

z.B. das Recht auf freie Aussprache. Die Mitglieder des von Duterte ernannten Anti-Terror-Rates seien Kabinettsmitglieder und der Vorstand des Anti-Geldwäscherates allesamt Gefolgsleute des Präsidenten. Zuvor hatten schon drei RechtsanwältInnen Petitionen gegen das Anti-Terror-Gesetz eingereicht.

Beverly Longid, globale Koordinatorin der internationalen Indigenen Volksbewegung für Selbstbestimmung und Befreiung stellte fest, dass mit der Unterzeichnung des Anti-Terror-Gesetzes die indigenen Völker und ihre Gemeinden in großer Gefahr sind. Sie appellierte an die Mitgliedstaaten der UN, den Bericht der Hochkommissarin für Menschenrechte einschließlich ihrer Empfehlungen anzunehmen.

Während der Pandemie haben Menschenrechtsgruppen dringend benötigte Hilfe an indigene Gemeinden und ländliche Arme geliefert. Diesen Bemühungen wurden mit Checkpoints und anderen Schikanen entgegengewirkt. 35 Menschen wurden gefangen genommen und inhaftiert.

Das Anti-Terror-Gesetz bringt Umweltschutz- und KlimaaktivistInnen in den Philippinen in Gefahr. Die bekannte schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg und andere internationale FührerInnen der Klimabewegung verpflichten sich jetzt dazu, die philippinische UmweltschützerInnenkampagne gegen das neue Anti-Terror-Gesetz zu unterstützen. Greta sandte eine Solidaritätsvideobotschaft und startete mit anderen eine Petition gegen das neue Gesetz. Allein im Jahre 2019 wurden nach Aussage von Kalikasan 47 UmweltschützerInnen in den Philippinen ermordet.

Auswirkungen des Anti-Terror-Gesetzes

24 Stunden nach Unterzeichnung des Anti-Terror-Gesetzes gab es erste Festnahmen von 11 AktivistInnen, die eine Protestaktion gegen das neue Gesetz durchgeführt hatten, in der Gemeinde Pulo in Cabuyao, Laguna. Unter den Festgenommenen befanden sich Mitglieder von Karapatan, Bayan, Gabriela, Liga St., Piston, Kabataan Parteiliste und Pamantik-KMU.

Die Auflösung der Protestaktion fand gewaltsam statt und führte zu Verletzungen.

In einem Brief der AFP an den Bürgermeister von Cabuyao wurde die Gemeinde Pulo als „Nervenzentrum“ der kämpferischen, ergo gewalttätigen Gewerkschaftsbewegung in der Region und als Jugendrekrutierungszentrum bezeichnet.

Es zeigt sich, dass mit dem neuen Gesetz kein Terrorismus bekämpft werden, sondern der demokratische Widerstand erstickt werden soll.

Die gefangen genommenen LGBTQI-ProtestteilnehmerInnen berichteten über ihre Horror-Erfahrungen während der gewaltsamen Auflösung ihres Protestes in Mendiola (s.Teil 8) und ihre zeitweilige Inhaftierung. Sie reichten strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Anklagen im Büro des Ombudsmannes gegen 32 Polizisten in Manila ein: Wegen unrechtmäßiger Festnahme, leichten körperlichen Verletzungen, schlechter Behandlung, Autodiebstahl und gender basierter sexueller Schikanen.

Eine versuchte Festnahme der bekannten Generalsekretärin von KARAPATAN Cristina Palabay mittels eines als LBC-Kurier verkleideten Polizeiseargents schlug fehl, weil Frau Palabay den Trick schnell durchschaute.

Am 7. bzw. 9. Juli 2020 wurden Jenelyn Nagrampa, stellvertretende nationale Vorsitzende von GABRIELA in Nabua, Camarines Sur und der Pastor Dan San Andres von der Vereinigten christlichen Kirche in den Philippinen (UCCP, Sprecher von KARAPATAN in Bicol, in Sipocot, Camarines Sur festgenommen. Sie werden des Doppelmordes beschuldigt in Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Überfall der NPA im Jahr 2018, der zum Tod von zwei Soldaten führte.

Beide hatten im Dezember 2018 Erwiderungen geschrieben, in denen sie eine Beteiligung an dem Überfall abstritten. Der Pastor sagte, dass er an jenem Tag eine Messe in der Kirche gehalten habe. Nagrampa hat sich nach ihren Aussagen an einer Gemeindewahlkampagne beteiligt.

KARAPATAN und GABRIELA fordern die sofortige Freilassung der beiden.

Hausbesuche“

Innenminister Eduardo Ano hat bekannt gegeben, dass die Polizei jetzt Haus-zu-Haus-Besuche durchführen werde, um Covid-19 asymptomatische PatientInnen aufzufinden. Diese sollen dann in von der Regierung betriebene Gebäude transferiert werden.

Die fortschrittliche Rechtsanwältevereinigung NUPL befürchtet, dass die „Besuche“ dazu benutzt werden, regierungskritische Menschen auszuspionieren.

Zudem erinnerte Cristina Palabay von KARAPATAN, dass auch bei der Anti-Drogen-Kampagne Haus-zu-Haus-Besuche durchgeführt wurden, die zu Tausenden grausamen Hinrichtungen geführt hätten.

Sarah Elaga, Abgeordnete der fortschrittlichen Jugendparteiliste Kabataan befürchtet zudem, dass PolizistInnen die Krankheit weiter verbreiten könnten.

Kredite

Die Duterte-Regierung hat hohe Kredite aus dem Ausland erhalten, um den Erfordernissen der Corona-Pandemie gerecht zu werden,z.B. Von der Asiatischen Entwicklungsbank, der Weltbank, der Französischen Agentur für Entwicklung u.a.

Trotz wesentlich höherer Kredite hat die Regierung 17,5 Milliarden Haushalten nur 98,3 Milliarden Pesos gegeben (Stand 27. Juni 2020). Laut Ibon sind das pro Familie 53 Pesos oder 12 Pesos (ca.24 Cent) pro Person am Tag für die letzten 106 Tage, seitdem die Ausgangssperre besteht. Die Verabschiedung des Anti-Terror-Gesetzes zeigt, welche Prioritäten die Regierung während der Corona-Pandemie setzt.

Laut Ibon sind 989 Milliarden Pesos für Infrastrukturmaßnahmen in 2020 geplant. 541 Milliarden gehen davon in die Begleichung von Schulden, 582 Milliarden sind für Kapitalzahlungen vorgesehen. Zudem sollen durch eine geplante Absenkung der Einkommenssteuer 667 Milliarden Pesos für die Unterstützung von privaten Firmen frei werden.

„Die Armen werden zurückgelassen!“, so Sonny Africa, Exekutivdirektor von Ibon.